Wien - Bei der Parlamentswahl am 2. und 3. Juni 2006 in der Tschechischen Republik löste die konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS) mit einem Stimmenanteil von 35,4 Prozent die Sozialdemokraten (CSSD) - 32,3 Prozent - als stärkste Kraft im Prager Unterhaus ab. Im Parlament entstand ein Patt zwischen dem Mitte-Rechts-Block aus ODS, Christdemokraten (KDU-CSL) sowie Grünen und dem Mitte-Links-Lager aus CSSD und Kommunisten (KSCM) mit je 100 Stimmen. Daher und weil sich die Parteien bisher nicht auf eine Zusammenarbeit einigen konnten, ist es bisher nicht zur Bildung eines stabilen, mit einer Mehrheit ausgestatteten Kabinetts gekommen. Im Folgenden eine Chronologie der schwierigen Regierungsbildung in Tschechien:

5. Juni 2006 - Präsident Vaclav Klaus erteilt ODS-Chef Mirek Topolanek den Auftrag zur Regierungsbildung.

26. Juni - Ein Koalitionsvertrag zwischen ODS, KDU-CSL und Grünen wird unterzeichnet.

Anfang August - Das Projekt der Dreier-Koalition scheitert. Die CSSD will das Dreier-Bündnis nicht stützen, daher hätte es bei Abstimmungen im Parlament keine Mehrheit. Eine Zusammenarbeit mit den Kommunisten kommt für die Dreier-Koalition nicht in Frage. Die Konsultationen gehen weiter.

14. August - Im siebenten Anlauf gelingt es, einen Parlamentspräsidenten zu wählen. Nach einer Parteien-Einigung übernimmt Miloslav Vlcek (CSSD) das Amt. Erst jetzt kann verfassungsgemäß die bisherige Regierung unter dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Jiri Paroubek aus CSSD, KDU-CSL und der rechtsliberalen Freiheitsunion (US-DEU) zurücktreten. Klaus ernennt Topolanek zum neuen Regierungschef.

24. August - Verhandlungen über eine Große Koalition zwischen ODS und CSSD, die eine Mehrheit hätte, scheitern. Danach bemüht sich Paroubek um die Bildung einer CSSD/KDU-CSL-Minderheitsregierung, die von den Kommunisten geduldet werden müsste. Der christdemokratische Parteivorstand lehnt dies aber ab. KDU-CSL-Chef Miroslav Kalousek, ein Befürworter dieser Variante, tritt zurück.

4. September - Ein Minderheitskabinett aus ODS-Mitgliedern und Parteilosen unter Topolanek wird ernannt. Topolanek sieht es als Übergangslösung und will vorgezogene Neuwahlen.

3. Oktober - Das Minderheitskabinett verliert erwartungsgemäß die Vertrauensabstimmung im Parlament. Die Regierung tritt daraufhin zurück, führt die Geschäfte aber bis heute weiter.

21. Oktober - Die ODS fährt bei den Kommunal- und Teilsenatswahlen einen deutlichen Erfolg ein.

8. November - Klaus erteilt Topolanek zum zweiten Mal den Regierungsauftrag. Bei den folgenden Verhandlungen kommen erneut die verschiedensten Parteien-Konstellationen ins Spiel, ohne dass eine davon zu Stande kommt.

19. November - Ein Parteitag wählt Topolanek erneut zum Chef der ODS.

28. Dezember - ODS, KDU-CSL und Grüne unterzeichnen einen Koalitionsvertrag. Das Bündnis will sich zur Mehrheitsbeschaffung auf zwei von der CSSD-Fraktion abtrünnige Mandatare verlassen. Klaus will die ihm vorgeschlagene Regierung aber zunächst nicht ernennen, da sich keine stabile Mehrheit abzeichnet und lehnt den als Außenminister vorgeschlagenen Senator Karl Schwarzenberg ab.

3. Jänner 2007 - Die beiden abtrünnigen CSSD-Abgeordneten erklären, die Dreier-Koalition nicht unterstützen zu wollen. (APA)