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Norwegens Anders Jacobsen bejubelt seinen Sieg im Bergisel-Springen.

Foto: AP/Maurer
Sigi Lützow aus Innsbruck

Da es am Tag nach Dreikönig kein echtes Dreikönigsspringen mehr geben kann, dürfen am Sonntag in Bischofshofen (ab 16:30, ORF 1) noch zumindest sechs Springer auf ihre Krönung zum Gesamtsieger hoffen. Oder sieben, wenn Gregor Schlierenzauer das Pech, das ihn ausgerechnet im Heimspringen vor 21.000 Zuschauer ereilte, tatsächlich so wegstecken kann, wie er es in seiner ersten Reaktion auf den elften Platz angedeutet hat.

Der Topfavorit des Donnerstags erwischte nach perfektem Probedurchgang (132 Meter) zweimal schlechte Bedingungen. Mit Rückenwind waren nicht mehr als 122 und 119 Meter möglich. "Die Sprünge waren ja gut, die Verhältnisse nicht. Das ist schade, aber ich bin trotzdem zufrieden." Der Verlust der Führung in der Gesamtwertung sei kein Problem. "Man sieht, wie schnell es gehen kann. Aber deshalb geht die Welt nicht unter. Es ist noch alles drinnen. In Bischofshofen werde ich nochmals Vollgas geben." Druck weg

Sportdirektor Anton Innauer traut das dem 16-Jährigen durchaus zu. "Vielleicht, weil jetzt der Druck der Führung weg ist." Schlierenzauer habe gezeigt, dass er "auch nur ein Mensch" sei. "Es war bei aller Euphorie gerade hier in Innsbruck schwer für ihn, die Erwartungen zu erfüllen." Innauers Tourneefavorit heißt jetzt Anders Jacobsen. Das war der Norweger schon vor der Eröffnung in Oberstdorf gewesen, bestätigen konnte er es aber erst so richtig am Bergisel. Der 21-Jährige stand mit 129 Metern den weitesten Sprung des ersten Durchganges und verteidigte dann seine Führung mit 128,5 Metern gegen Thomas Morgenstern.

Jacobsen betrieb das Skispringen eigentlich nur als Hobby und werkte als Installateur, wurde aber im Sommer vom norwegischen Cheftrainer Mika Kojonkoski zu einem Vorspringen gebeten, bei dem er den Finnen schwer beeindrucken konnte. In Engelberg feierte er seinen ersten Weltcupsieg. "Ich habe mich mit den Bedingungen gar nicht befasst, habe meinen Job gemacht und hatte Spaß", sagte der Mann aus Honefoss nach seinem zweiten Saisonerfolg, der ihm neben der Führung im Weltcup auch die Spitzenposition in der Tournee (672,8 Punkte) bescherte. Schweizer da

Mit 10,7 Punkten Rückstand erster Verfolger Jacobsens ist etwas überraschend Attu Lappi, der einzige unter den besten Sieben, der noch mitmischt, obwohl er bei der Tournee noch kein Podest erklimmen konnte. Hinter dem Finnen liegen gleichauf die beiden Schweizer Simon Ammann und Andreas Küttel. Doppelolympiasieger Ammann stand mit 132 Metern im zweiten Durchgang den weitesten Sprung der Konkurrenz. Der trug ihn auf Platz drei. Küttel konnte sich gegenüber Training und Qualifikation steigern und landete bei 122 und 120,5 Metern. Seine Zurückhaltung bezüglich Gesamtsieg legte der 27-Jährige aus Einsiedeln flugs ab. "Ich habe gesagt, dass man nach Innsbruck mehr wissen wird. Jetzt wissen Simon und ich, dass wir gewinnen können."

19 Punkte hinter Jacobsen und als bester Österreicher an sechster Stelle rangiert nun Thomas Morgenstern. Dem Doppelolympiasieger aus Kärnten, der in Schlierenzauers Windschatten geduldig an seiner Form gefeilt hatte, gelangen im ersten Durchgang befreiende 128,5 Meter. Der zweite Sprung war sogar eher noch besser, die Punkterichter bewerteten aber Jacobsen um insgesamt 1,9 Punkte höher. "Ein Wackler im ersten Sprung hat ihn den Sieg gekostet", bedauerte Innauer. Morgenstern selbst hatte nichts zu bedauern: "Es ist beständig aufwärts gegangen. Jetzt bin ich wieder da, wo ich hin will", sagte der 20-Jährige.

Die restlichen Österreicher schnitten gut, aber nicht berauschend ab. Enttäuscht war Mario Innauer nach Platz 16 zum Weltcup- und Tourneedebüt. "Ich war beim Absprung zweimal zu spät", grämte sich der 16-Jährige. (DER STANDARD PRINTAUSGABE 5.1. 2007)