New York - "Vor religiösen Unterschieden braucht man sich nicht fürchten", erklärte der erste in den US-Kongress gewählte muslimische Abgeordnete, Keith Ellison aus Minnesota, am Donnerstag. Bei der privaten Zeremonie, an der Ellisons Ehefrau Kim, seine vier Kinder und dutzende Gäste teilnahmen, schwor der Politiker auf die Koran-Ausgabe, die dem dritten US-Präsidenten, Thomas Jefferson, gehört hatte. Die Kongressbibliothek hatte das Buch zur Verfügung gestellt.

Im Vorfeld wurde Ellison bereits heftig kritisiert, denn die Amerikaner sind größtenteils der Ansicht, ein Amtseid könne nur auf eine Bibel geschworen werden. Dabei handelt es sich um eine Geste, da diese Praxis nirgendwo in der US-Verfassung verankert ist - alle Abgeordneten werden in einer Zeremonie angelobt, bei der keinerlei Bücher verwendet werden. Jeder Abgeordnete entscheidet also selbst, wie er sich seinen Wählern auf Fotos oder in Privatzeremonien präsentieren will.

Ellisons zukünftiger republikanischer Kollege im Repräsentantenhaus, Virgil Goode aus Virginia, forderte mit Blick auf den Koran-Schwur, dass man die Einwanderungsgesetze drastisch verschärfen müsse, anderenfalls würden "viele weitere Muslime" gewählt werden.

Goodes Vorschlag träfe auf seinen Abgeordneten-Kollegen allerdings nicht zu. Ellison wurde in Detroit geboren und ist von Geburt an Amerikaner. Als Katholik aufgewachsen, konvertierte er während seines Universitätsstudiums zum Islam. (sdr/DER STANDARD, Printausgabe, 5./6.1.2006/red)