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Muslimische Frauen protestieren mit dem Koran in der Hand gegen die äthiopischen Truppen in der Hauptstadt Mogadischu.

Foto: REUTERS/Shabelle Media
Mogadischu - Nach dem Sturz der Islamisten wächst in Somalia die Wut in der Bevölkerung über die Anwesenheit der äthiopischen Truppen. Am Samstag kamen bei Demonstrationen hunderter Somalis in der Hauptstadt Mogadischu nach Augenzeugenberichten drei Menschen ums Leben, ein Soldat, ein 13jähriger Jugendlicher und eine Frau. Hunderte somalische Soldaten patrouillierten am Sonntag durch die Stadt, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen.

Der somalische Präsident Abdullahi Yusuf bat Äthiopien um Hilfe bei der Truppenausbildung. Einige der von den somalischen und äthiopischen Truppen vertriebenen Islamistenführer setzten sich unterdessen in den Jemen ab. Dessen Regierung äußerte die Hoffnung, einen Dialog zwischen den somalischen Konfliktparteien aufbauen zu können.

"Nieder mit Äthiopien"

Die Demonstranten zogen durch die Innenstadt Mogadischus und riefen: "Nieder mit Äthiopien." Sie steckten Reifen in Brand und warfen Steine. Äthiopische Soldaten gaben Warnschüsse ab, um die Menge zu vertreiben. Dabei kam es nach Angaben von Augenzeugen zu den Todesopfern. "Die Regierungstruppen und äthiopischen Soldaten sind in unser Land einmarschiert und haben meinen Sohn ohne Grund erschossen", sagte Omar Halane, der Vater des toten Jugendlichen. In somalischen Regierungskreisen war dagegen nur von einem Toten die Rede. Ein Krankenhausmitarbeiter sprach bereits vor dem Schusswechsel von mindestens fünf Verletzten.

Die Straßen der Stadt waren mit Rauch gefüllt. Nur kurz nach der Flucht der Islamisten kehrten die Milizen der so genannte Warlords wieder zurück. Bei vielen kamen Erinnerungen an das Chaos auf, das nach dem Sturz des Diktators Siad Barre 1991 jahrelang herrschte.

Angesichts des Protestes in Mogadischu verschob die Regierung ihre Entwaffnungspläne. Ursprünglich sollte die Bevölkerung ihre Waffen bis Donnerstag abgeben. Doch nur wenige Menschen befolgten die Frist. Viele wollten erst abwarten, ob die Regierung die relative Ruhe aufrechterhalten kann, die nach der Vertreibung der Milizenchefs durch die Islamisten in Mogadischu sechs Monate lang herrschte.

Somalias Präsident Yusuf bat Äthiopien einem Fernsehbericht zufolge um Unterstützung bei der Ausbildung der Truppen. In einer gemeinsamen Mitteilung appellierten er und der äthiopische Ministerpräsident Meles Zenawi an die internationale Gemeinschaft, schnell bei der Stabilisierung des Landes zu helfen. Westliche und afrikanische Diplomaten fordern die Entsendung einer internationalen Schutztruppe.

Die Anwesenheit der Islamistenführer im Jemen bietet nach Angaben des jemenitischen Außenminister Abubakr al-Kirbi die Möglichkeit zu Gesprächen zwischen ihnen und der somalischen Übergangsregierung. Auch die USA unterstützen die Forderung nach einem Dialog zwischen den somalischen Konfliktparteien. Den Islamisten werfen sie allerdings Verbindungen zur Al-Kaida vor. Um die Flucht von Extremisten zu verhindern, haben sie Marineverbände vor die Küste Somalias verlegt.

Die Mehrheit der Islamisten zog sich in entlegene Bergregionen im Süden des Landes zurück und kündigte an, ihren Kampf fortzusetzen. Beobachter befürchten nun einen Guerillakrieg ähnlich dem Aufstand im Irak. Auch die Ausrufung eines Heiligen Krieges gegen das christliche Äthiopien wird nicht ausgeschlossen.

Nach dem Eingreifen Äthiopiens war mit Verärgerung in der somalischen Bevölkerung zu rechnen. Viele Somalier betrachten den militärmächtigen Nachbarn als Rivalen. Äthiopien hatte zwischen 1992 und 1998 bereits mehrfach im Kampf gegen islamistische Bewegungen in Somalia interveniert, um ein Übergreifen der Unruhen auf eigenes Gebiet zu verhindern.

Das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) teilte unterdessen mit, auf den Straßen nach Baidoa und weiteren Städten im Süden des Landes seien bewaffnete Milizen gesichtet worden. Es sei geplündert und Zivilpersonen seien bedroht worden, hieß es. In den vergangenen Tagen gab es OCHA zufolge außerdem Berichte über mindestens drei Vergewaltigungen, an denen Milizionäre beteiligt gewesen seien. In der südlichen Stadt Af Madow nahmen äthiopische Soldaten den Angaben zufolge einen Mitarbeiter der UN-Sicherheitsdienste fest. Über seinen Aufenthaltsort sei seitdem nichts bekannt.

Nach einem Bericht über Korruptionsvorwürfe gegen Präsident Dahir Rayale Kahin sind in der abtrünnigen Republik Somaliland der Herausgeber einer Tageszeitung und ein Journalist festgenommen worden. Ein leitender Redakteur der "Haatuf" erklärte am Samstag, die beiden seien am 2. Jänner festgesetzt worden, einen Haftbefehl habe es nicht gegeben. In dem Artikel hatte es unter anderem geheißen, Präsident Kahin sei in Bestechung verwickelt. Diese Behauptung könne bewiesen werden, betonte der Redakteur. Somaliland hat 1991 die Unabhängigkeit von Somalia erklärt, ist international aber nicht anerkannt. (APA/Reuters/AP)