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Gusenbauer präsentiert den neuen Plan: "Haben uns wirklich einiges vorgenommen."
Foto: APA/Roland Schlager
Wien - Am 99. Tag nach der Wahl haben sich die SPÖ und ÖVP am Montag Vormittag endgültig auf eine Renaissance der großen Koalition geeinigt. SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer wird neuer Bundeskanzler. Für das Ja der Volkspartei mussten die Sozialdemokraten bei den Ministerien bluten. Neben dem Finanzministerium hat die ÖVP auch noch überraschend das Innenressort erobert. Zudem bleiben dem von der Volkspartei geführten Wirtschaftsministerium wider Erwarten die von der SPÖ heiß begehrten Arbeitsagenden.

Eurofighter

Dafür müssen sich die Sozialdemokraten künftig mit den Eurofightern herumschlagen, fällt ihnen doch erstmals seit vielen Jahren wieder das Verteidigungsministerium zu. Der zukünftige Ressortchef - für diese Rolle wird der ehemalige Zivildiener Norbert Darabos gehandelt - hat von Gusenbauer den Auftrag erhalten, mit dem Eurofighter-Hersteller EADS in Verhandlungen zu treten, um eine Verbilligung des Deals zu erreichen. Im Koalitionsabkommen wird nur allgemein ein Bekenntnis zur Luftraumüberwachung verankert. Beide Parteichefs bezeichneten die Eurofighter-Frage weiter als "strittig".

Studiengebühren

Den zweiten heiklen Punkt am Ende der Verhandlungen, die Studiengebühren, haben Rot und Schwarz mit einem Kompromiss gelöst. Die Beiträge bleiben bestehen, allerdings kann man sich durch Sozialdienste von 60 Stunden pro Semester von ihnen befreien. Zudem sollen die Stipendien und das Kreditmodell für eine spätere Zahlung der Gebühren ausgeweitet werden.

Legislaturperiode künftig fünf Jahre

Beim Wahlrecht kann die SPÖ als Erfolg verzeichnen, dass Wählen mit 16 Jahren kommt. Die ÖVP hat sich mit ihrem Wunsch nach der Briefwahl durchgesetzt. Völlig überraschend vereinbart wurde, dass die Legislaturperiode ab dem nächsten Urnengang statt wie bisher vier fünf Jahre beträgt. Keine Verständigung gab es auf eine Eingetragene Partnerschaft für homosexuelle Paare, die von der ÖVP abgelehnt wurde.

Der Budgetpfad sieht vor, dass das Defizit jedes Jahr geringer werden soll. 2010 sollen dann Überschüsse erzielt werden, die in Form einer Steuerentlastung an die Bevölkerung zurückgehen. Die Abgabenquote soll dann laut VP-Obmann Wolfgang Schüssel deutlich unter 40 Prozent gesunken sein.

Der Noch-Kanzler zeigte sich mit der Verständigung zufrieden, werde doch vieles von der bisherigen Politik fortgeschrieben. Der Koalitionspakt sei ein Programm einer "Regierung der neuen Mitte". Gusenbauer, der den Kampf der Arbeitslosigkeit als wichtigstes Ziel nannte, zeigte sich voll Tatendrang für die erste SP-Kanzlerschaft nach sieben Jahren Pause: "Wir haben uns wirklich einiges vorgenommen."

Frauenministerium im Kanzleramt

Dass die Zahl der Regierungsämter (14 Ministerien, 6 Staatssekretariate) entgegen seinen Ankündigungen nun sogar höher ist als bisher, begründete der SPÖ-Chef mathematisch: "19 ist schwer zu teilen, deshalb haben wir uns auf 20 geeinigt." Neben dem Kanzleramt fallen seiner Partei die Ministerien für Soziales, Infrastruktur, Verteidigung, Schulen, Frauen (im Kanzleramt) und Justiz zu, von der ÖVP werden die Ressorts Inneres, Finanzen, Wissenschaft, Gesundheit, Landwirtschaft/Umwelt, Wirtschaft und Äußeres besetzt. Dazu kommen noch je drei Staatssekretariate, eines der Volkspartei im Kanzleramt für Sport, eines für die SPÖ im Finanzministerium. Die anderen vier sind noch nicht einmal zugeteilt.

Unklar war, wer die ganzen Posten übernimmt. Außer über Gusenbauer als Kanzler gab es fürs Erste keine Informationen. Auch Schüssel ließ seine Zukunft offen: Ob er in der Politik bleibe, werde er am Dienstag nach dem ÖVP-Vorstand bekannt geben, sagte der VP-Obmann. Gleiches gilt für Finanzminister Karl-Heinz Grasser (V). Ins Zentrum rücken dürfte Klubchef Wilhelm Molterer, der Vizekanzler und/oder Finanzminister werden könnte. (APA)