Wien - Der Banken-Untersuchungsausschuss des Nationalrats zum Skandal um den insolventen Wiener Wertpapierdienstleister AMIS am Montag hat beim Ausschussvorsitzenden Martin Graf (F) die Alarmglocken schrillen lassen. "Mit den derzeit zur Verfügung stehenden Kontrollmitteln der Finanzmarktaufsicht und deren derzeitiger Arbeitsauffassung ist 'AMIS neu' jederzeit auch heute möglich", zeigte sich der Abgeordnete über einen möglichen neuen Fall mutmaßlichen Anlegerbetrugs am Finanzplatz Österreich besorgt.

Die internationale Zusammenarbeit in der globalisierten Finanzwelt funktioniere nicht einmal in der EU, wie der Fall AMIS mit der Depotbank in Luxemburg gezeigt habe, so Graf Montagabend gegenüber der APA. Die Amtshilfe im Ausland habe nicht umgesetzt werden können, ist der Ausschussvorsitzende überzeugt. Bei der AMIS wurden die Kundengelder von einer Depotbank mit Sitz in Luxemburg verwaltet, die Produkte wurden in Österreich beworben und verkauft.

Die Finanzmarktaufsicht habe bereits mindestens drei Verdachtsmomente gehabt und hätte früher reagieren können, meinte Graf: Für die AMIS-Bilanz 2004 sei der Bestätigungsvermerk des Wirtschaftsprüfers nur eingeschränkt erteilt worden. Bereits in den Jahren 2000 und 2001 habe die FMA selber gegen die AMIS Strafverfahren wegen verbotenen Haltens von Kundengeldern eingeleitet. Die Einhaltung der erteilten Auflagen sei viel zu spät erst überprüft worden. Laut Graf hätte die Aufsicht schon viel früher ein permanentes Monitoring einleiten müssen, kritisierte er nach der Befragung von FMA-Vorstand Kurt Pribil am Montagnachmittag im Ausschuss.

Strenger kontrollieren

Gerade weil Wertpapierdienstleister nur in geringem Ausmaß reglementiert seien, müsse beim Auftauchen erster Verdachtsmomente strenger kontrolliert werden, forderte Graf. Der Gesetzgeber sei hier gefordert, doch auch die "Arbeitsauffassung der FMA", die ihr Verhalten im AMIS-Skandal bis heute verteidige, lasse zu wünschen übrig. Der Finanzminister habe mit der Schaffung der FMA eine "moderne Finanzpolizei" einrichten wollen, tatsächlich handle es sich jedoch um eine "lahme Eingreiftruppe".

Die Staatsanwaltschaft habe den Fall im Ausschuss "sehr strukturiert" dargelegt, zeigte sich Graf von der nicht-öffentlichen Befragung des Staatsanwalts Georg Krakow Montagabend beeindruckt. Da in der Causa AMIS, wo eine gerichtliche Voruntersuchung läuft, bisher nicht wegen des Verdachts auf Geldwäsche ermittelt werde, wolle die FPÖ den Antrag stellen eine diesbezügliche Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln.

Vom Schadensfall AMIS sind rund 10.000 österreichische und etwa 6.000 deutsche Anleger betroffen. Von ihren Anlegergeldern sind rund 70 Mio. Euro verschwunden. Gegen die Verantwortlichen wird wegen des Verdachts auf gewerbsmäßigen Betrug ermittelt. Es gilt die Unschuldsvermutung. AMIS-Gründer Harald Loidl und Ex-AMIS-Vorstand Dietmar Böhmer waren vor über einem Jahr in Venezuela festgenommen und in U-Haft genommen worden. Die geschädigten Anleger werfen der FMA angesichts von Warnhinweisen der Luxemburger Finanzmarktaufsicht "eklatantes Versagen" vor. Die FMA weist alle Vorwürfe zurück.

FMA-Pribil sieht kein Versagen in Causa AMIS

Rund vier Stunden dauerte die nicht-öffentliche Befragung von Finanzmarktaufsichts-Vorstand Kurt Pribil am Montag nachmittag und abend im Banken-Untersuchungsausschuss des Parlaments. Pribil musste sich einer nach seinen Angaben "harten" aber "fairen" Diskussion über die Rolle der Finanzmarktaufsicht (FMA) in der Affäre um den pleite gegangenen Wiener Wertpapierdienstleister AMIS stellen. Den Vorwurf von SPÖ und Grünen, die ein mögliches Versagen der FMA in der Causa orteten, wies Pribil zurück.

Auch nach der Befragung blieb bei der SPÖ Skepsis gegenüber der Effizienz der FMA in der Causa AMIS bestehen. "Offenbar hätte die FMA schärfer agieren müssen", sagte SP-Abgeordneter Andreas Schieder zur APA. So sei wertvolle Zeit verstrichen, bei einer früheren FMA-Reaktion hätten die AMIS-Anleger stärker geschützt werden können. Rund 70 Mio. Euro Kundengelder, die bei den von der AMIS vertriebenen Fonds angelegt waren, gelten als verschwunden.

FMA-Vorstand Pribil wies gegenüber der APA die Vorwürfe zurück. Die österreichische Finanzmarktaufsicht habe nur das Vertriebsunternehmen AMIS beaufsichtigen können, welches gar nicht in die Nähe der Kundengelder hätte kommen dürfen. Nur das Wohlverhalten im Zusammenhang mit der Kundenberatung sei vom gesetzlichen Aufsichtsmandat über die AMIS erfasst gewesen. "Wer in ausländische Wertpapiere investiert, muss sich auch des höheren Risikos bewusst sein", sagte Pribil.

Verbesserungsmöglichkeiten

Verbesserungsmöglichkeiten bei der Finanzmarktaufsicht ortet der FMA-Vorstand allerdings schon. So solle in Zukunft das Kundenregister bei der ausländischen Depotbank mit der Kundenliste abgeglichen werden. Bei der AMIS lautet der Vorwurf der Geschädigten, dass die Finanzmarktaufsicht nie überprüft habe, ob das bei der Depotbank in Luxemburg liegende Geld mit dem von der AMIS angegebenen Investorengeld übereinstimmt.

Die Finanzmarktaufsicht wolle auch weiter Personal aufstocken, und zwar von 211 Mitarbeitern zu Jahresende 2006 auf 235 Mitarbeiter zu Jahresende 2007, kündigte Pribil an.

Der Staatsanwalt des AMIS-Verfahrens, Georg Krakow, war die letzte Auskunftsperson am Montag. Seine Befragung durch die Abgeordneten im U-Ausschuss wurde ebenfalls nicht öffentlich durchgeführt, da die Oberstaatsanwaltschaft in einem Schreiben an den Ausschuss auf die Vertraulichkeit seiner Aussagen wegen des laufenden nicht-öffentlichen Verfahrens hingewiesen hatte. Die Causa AMIS befindet sich derzeit im Stadium der Voruntersuchung. "Im AMIS-Verfahren wird bereits an einer Enderledigung gearbeitet", sagte Krakow zur APA. (APA)