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Die Zahl der Einbrüche steigt, ein Drittel schützt sich davor nicht.

Foto: APA/RAUTKARI
Rein rechnerisch gesehen muss man über 200 Jahre alt werden, um in Österreich garantiert Opfer eines Haus- oder Wohnungseinbruchs zu werden. Denn den von der Statistik Austria gezählten 3,5 Millionen Haushalten in Österreich stehen zwischen Jänner und November 2006 exakt 15.809 Einbrüche gegenüber, die die Polizei angezeigt hat. Behalten die Täter dieses Tempo bei, dauert es rund zwanzig Dekaden, bis jeder Haushalt betroffen ist. Dabei werden die Einbrecher sogar langsamer:_Im Vorjahr gab es im Vergleichszeitraum noch um zwölf Prozent mehr Delikte, rechnet Gerald Hesztera vom Bundeskriminalamt vor.

Eine Rechnung, von der die Öffentlichkeit wenig hält, wie eine am Dienstag präsentierte Gallup-Umfrage zeigt. Trotz der seit zwei Jahren (auf hohem Niveau) rückläufigen Anzeigenentwicklung glauben 72 Prozent weiter an eine leicht bis stark steigende Kriminalitätsrate.

31 Prozent verzichten auf Schutz der Wohnung

Die Gefahr, selbst zum Opfer zu werden, negierten die 600 Befragten allerdings, wie der Auftraggeber der Umfrage, Norbert Griesmayer von der VAV Versicherung, überrascht feststellte. Denn mit 44 Prozent glaubt knapp die Hälfte, weniger von einem Verbrechen bedroht zu sein als der Rest der Bevölkerung. Nur acht Prozent schätzen ihr Risiko als höher ein.

Dementsprechend verzichtet mit 31 Prozent fast ein Drittel der versicherten Österreicher überhaupt auf einen speziellen Schutz der Wohnung oder des Hauses. Die Westösterreicher wiegen sich noch stärker in Sicherheit: In Vorarlberg, Tirol und Salzburg sind es gleich 45 Prozent, die keine besonderen Maßnahmen setzen.

Selbst wer sich auf die beliebteste Vorsorge, die Sicherheitstür, verlässt, ist nicht unbedingt auf der sicheren Seite. In Einfamilienhäuser kommen laut Kriminalstatistik nur 14 Prozent der Einbrecher durch die Vordertür – der Rest über die Terrasse oder durch ein Fenster. Bei den Mehrfamilienhäusern liegt die Rate der Täter, die nicht durch die Eingangstür kommen, immer noch bei 45 Prozent.

Hälfte braucht Hilfe

Das Ziel der Versicherung, mehr Polizzen zu verkaufen, will die VAV mit einem neuen Zusatzangebot erreichen: einer psychotherapeutischen Betreuung nach einem Einbruch. Denn die Belastung kann mitunter zu krankhaften Störungen führen, wie der Psychiater Walter König ausführte. Bei der Hälfte der Menschen würde die natürliche Belastungsreaktion nach einigen Stunden bis Tagen von alleine abnehmen, die andere Hälfte würde von einem professionellen Hilfsangebot profitieren, ist König überzeugt.

Eine Einschätzung, die Marianne Gammer, Geschäftsführerin der Opferschutzorganisation „Weißer Ring“ teilt. „Die Situation in diesem Bereich wurde lange unterschätzt. Dabei ist der fehlende direkte Kontakt mit dem Einbrecher ein Problem: Der Täter kennt den persönlichen Rückzugsort und man hat kein Bild von ihm“ schildert sie. Auch unter ihren Klienten, speziell Älteren, seien die Probleme nach einem Einbruch Thema. „Sie sind oft von den Symptomen wie Schlaflosigkeit, Unruhe oder Unkonzentriertheit irritiert und wissen nicht, dass das eine normale Reaktion ist.“ (Michael Möseneder, Julia Reiner/DER STANDARD; Printausgabe, 10.1.2007)