Nichts macht erfolgreicher als Erfolg. Wenn sich die Irakpolitik von George W. Bush auch nur halbwegs in jene Richtung entwickelt hätte, die ihm 2003 vorgeschwebt sein mag, dann würde ihm die Welt wahrscheinlich viele der Unwahrheiten und Manipulationen nachsehen, mit der er die Amerikaner in den Krieg geführt hat. Aber ein friedlicher, demokratischer, prosperierender Irak als eine Art politischer Leuchtturm im Zentrum des Mittleren Ostens - das war zu schön, um wahr zu sein. In einer Zeit, da sich das Scheitern dieses neokonservativen Blütentraums immer blutiger offenbart und in Bagdad Straßenschlachten toben, wie man sie noch selten erlebt hat, setzt Bush wieder zu einer Strategieänderung an.

Die Chancen, seiner Katastrophenpräsidentschaft damit im letzten Viertel doch noch einen Drall ins Positive zu geben, stehen allerdings schlecht.

In seiner Rede, deren wichtigste Inhalte im Vorfeld durchgesickert sind, wollte Bush Wirtschaftshilfe in Höhe von einer Milliarde Dollar ankündigen sowie einen - in den vergangenen Tagen viel kommentierten - "surge", eine temporäre Verstärkung der US-Militärpräsenz. Das 140.000 Mann starke Truppenkontingent soll auf 160.000 Mann aufgestockt werden - was angesichts des Umstands, dass zu einer flächendeckenden Befriedung des Landes eine halbe Million Soldaten nötig wäre, ein Tropfen auf einen heißen Stein ist.

Aber Bush hat nicht viele Optionen - genauer gesagt drei, die im Militärjargon als "Go long", "Go home" und "Go big" bekannt sind. Endlos auf dem gegenwärtigen Stand weiterzuwursteln ("Go long"), ergibt keinen Sinn. Ein Abzug ("Go home") würde das Chaos im Irak weiter anfachen, mit unabsehbaren Folgen für die gesamte Region. Eine Verdoppelung oder gar Verdreifachung der US-Truppen ("Go big"), mit der sich die Ruhe im Land - vielleicht - gewaltsam erzwingen ließe, ist für Bush weder politisch noch militärisch machbar. Das fatale Erbe seines Ex-Verteidigungsministers Donald Rumsfeld, der diesen Krieg mit unzureichenden Mitteln in Angriff genommen hat, wird Bush nicht mehr los.

Um sich wenigstens keine Untätigkeit vorwerfen lassen zu müssen, versucht es Bush nun mit einer Strategie des Ein-wenig-Mehr: Go a little bigger. Aber auch die Kosten dieser halbherzigen Strategie sind enorm. Im Irak selbst könnte der in den vergangenen Wochen konsequent aufgebaute Druck der Amerikaner auf die Regierung Maliki, mehr zur Verringerung der sektiererischen Gewalt beizutragen, wieder schwinden und Extremisten wie Muktada al Sadr könnten Auftrieb bekommen.

In den USA haben Bushs Pläne zu neuen politischen und gesellschaftlichen Zerreißproben geführt - innerhalb der Parteien und über ihre Grenzen hinweg. Verlierer dieser verworrenen Umstände - die irakische Zivilbevölkerung, die US-Soldaten, die auf verlorenem Posten kämpfen, das US-Renommee in der Welt - gibt es sonder Zahl, Gewinner gibt es keine. Und von der Strategieänderung, mit der sich das irakische Chaos wenigstens halbwegs sanieren ließe, ist weit und breit nichts zu sehen. (DER STANDARD, Print, 11.1.2007)