Foto: Burgtheater

Das Falsche mit gutem Gewissen tun: Da legt's nicht nur die die boat- people"-Kollek-tion tragenden Schauspieler des Wiener Burg- theaters nieder

Foto: Burgtheater

Wir machen mit, obwohl wir wissen, dass es nicht richtig ist. Wir beklagen uns über Globalisierung, Standortverlagerungen und den Ausverkauf Europas, während wir in Asien gefertigte coole Klamotten tragen: Das ist Doppelmoral im schönsten Gewand.

Die Modedesignerin Lisa D. kennt die Sehnsucht, gut aussehen zu wollen und dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Sie hat deswegen das Label "boat people"" gegründet: "Ich versuche nicht, diesen Zwiespalt aufzulösen, sondern reflektiere ihn", bringt sie die Labelphilosophie auf den Punkt. In der Praxis sieht das so aus: Kleidung von einer großen, globalen Textilkette wird zerschnitten und in auffällige Einzelstücke umgearbeitet. Dabei bleiben die Logos gut zu sehen. Der Kunde kann sogar den Rohstoff - die Boutiqueprodukte - selbst aussuchen. Ein Vorgehen, das man folgendermaßen auf den Punkt bringen könnte: Man tut nach wie vor das Falsche, aber man tut es wenigstens bewusst.

Modeschau und Theater vereint

Lisa D. designt nicht einfach nur Mode: Mit gleichem Recht wie Modedesignerin könnte man sie auch Kleider-Philosophin oder Happening-Künstlerin nennen. Immer wieder designte die in Berlin wohnende Österreicherin für Performances, Kunstaktionen und Theateraufführungen. Unter anderem auch bereits für das Burgtheater.

Ebendort war man auch vom "boat people""-Konzept angetan - und beschloss, sich zusammenzutun. Modeschau und Theater sollten vereint werden. Nachwuchsdramatiker Johannes Schrettle schrieb den Text, Wolfgang Schlögl von den Sofa Surfers komponierte die Musik, Regie führt Robert Lehniger. Ab 20. Jänner läuft "boat people" - Das Label ist schön" im Kasino der Wiener Burg.

Dramaturg Sebastian Huber hat das Kollektiv zusammengebracht: "Es geht um verschiedene Arten von Arbeit und ihre Bewertung. Und gerade deshalb ist dieses Projekt für das Theater besonders reizvoll, weil es auch das Nachdenken über die eigene Arbeit und ihren Wert zum Thema hat."

Promotion und Sponsoring

Die Schauspieler sind Models, Figur und sie selbst in einem. Deshalb sprechen sie nicht nur über das Dasein in der Konsumgesellschaft, sondern auch über die eigene Situation in Lohn und Brot. Schließlich, betont Lisa D., haben Models und Schauspieler viel gemeinsam. Sie ziehen vorgegebene Stoffe an, laufen damit über die Bühne, und selbst wenn es einmal ein kritisches Kostüm ist, wie von Lisa D., hat man als funktionierendes Rädchen im Betrieb noch lange nicht zur Rettung der Welt beigetragen: "ich werde das letzte bild von einem film sein der von ausbeutung handelt", heißt es in Schrettles Text.

Um Ausbeutung in einem weiter gefassten Sinn geht es auch am Theater: "Promotion und Sponsoring durchdringen mittlerweile alle Lebensbereiche und sind auch am Theater schon länger ein Teil unserer Arbeit. Deshalb ist es sinnvoll und an der Zeit, diese Entwicklung zu reflektieren", meint Sebastian Huber. Und sein Regisseur ergänzt: "So ein Projekt, das Selbstkritik und Werbung verbindet, ist zumindest besser als 'Der nächste Monolog wird ihnen präsentiert von &'" (Johannes Lau/Der Standard/Rondo/12/01/2007)