Washington - Nach vier Jahren Krieg im Irak setzt US-Präsident George W. Bush weiter auf eine militärische Lösung. In seiner lang erwarteten Fernsehansprache kündigte er am Mittwochabend (Ortszeit) die Entsendung von 21.500 zusätzlichen Soldaten an, die mit einem "robusten Mandat" vor allem in Bagdad die Gewalt eindämmen sollen. Zugleich räumte der US-Präsident erstmals offen Fehler bei der amerikanischen Irak-Strategie ein und übernahm die Verantwortung dafür. Die bisherigen Bemühungen um mehr Sicherheit in Bagdad seien gescheitert, weil dort nicht genügend Truppen eingesetzt worden seien, sagte Bush. Außerdem seien den bisher insgesamt 132.000 Soldaten im Irak zu viele Beschränkungen auferlegt worden. Künftig würden sie freie Hand erhalten, auch in Wohnviertel einzudringen.

Skepsis

Die irakische Regierung hat auf die von Bush angekündigte neue Strategie mit Skepsis reagiert. Regierungssprecher Ali al-Dabbagh erklärte vor der Presse in Bagdad: "Wir wissen, was angesichts der Lage im Irak angemessen ist, und darüber werden wir entscheiden und sonst niemand." Sollte die irakische Regierung in Bushs Strategie etwas finden, was sie für nicht sinnvoll erachte, "dann werden wir dies der US-Regierung natürlich mitteilen, damit diese Punkte geändert werden". Ein Berater von Ministerpräsident Nuri al-Maliki, Sadik al-Rikabi, sagte, die Regierung begrüße die Selbstverpflichtung der USA zum Erfolg. Dabei sei es wichtig, dass die Iraker selbst die Führung der militärischen Einsätze übernähmen. Der sunnitische Rat der Religionsgelehrten erklärte unterdessen, Bushs Strategie sei falsch. Der einzige Weg aus der Krise sei der Abzug der amerikanischen Truppen.

Nach Informationen aus dem Weißen Haus in Washington sollen fünf Brigaden nach Bagdad geschickt werden. Die erste soll bereits bis kommenden Montag dort eintreffen, die weiteren im Abstand von jeweils einem Monat. Außerdem sollen 4.000 Marineinfanteristen in der sunnitischen Provinz Anbar stationiert werden. Im bevorstehenden Ergänzungshaushalt sollen 5,6 Milliarden Dollar (4,3 Milliarden Euro) für die Truppenverstärkung bereitgestellt werden. Ferner sind 1,2 Milliarden Dollar für Wiederaufbau und Wirtschaftshilfe vorgesehen.

Offensive

Bei einer Offensive amerikanischer und irakischer Truppen in einem sunnitischen Bagdader Wohnviertel wurden seit Wochenbeginn etwa 80 Aufständische getötet. Das nächste Ziel könnte nach Angaben eines irakischen Generals die schiitische Vorstadt Sadr-City sein. Unter dem Druck der USA hat der irakische Ministerpräsident Maliki die Auflösung der Miliz "Mahdi-Armee" des radikalen schiitischen Klerikers Muktada al-Sadr angekündigt, der dort seine Hochburg hat.

Keine zusätzlichen britischen Truppen

Großbritannien will keine zusätzlichen Soldaten in den Irak entsenden, wie Außenministerin Margaret Beckett betonte. Die Londoner Regierung arbeite weiter daran, die Verantwortung für die Sicherheit im Südirak den Irakern zu übertragen. Beckett begrüßte aber die Pläne von Bush. Frankreich bezeichnete die neuen US-Pläne als nicht ausreichend, um den Irak aus der Krise zu führen. Für Stabilität in der Region seien ein globaler Ansatz und eine politische Strategie notwendig, betonte Außenminister Philippe Douste-Blazy in Paris. Die Europäische Union bekräftigte ihre Unterstützung für die irakische Regierung bei ihren Bemühungen um Wiederaufbau und Stabilisierung, wie das Auswärtige Amt in Berlin für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft mitteilte. Die EU stehe bereit, ihr Engagement weiter auszubauen, soweit dies die Sicherheitslage erlaube.

Umstritten

In den USA ist der Plan des Präsidenten heftig umstritten. Für die Demokraten erklärten die neue Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und der Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid: "Die Eskalation unserer militärischen Verwicklung im Irak ist genau die falsche Botschaft, und wir sind dagegen." (APA/AP/dpa)