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Foto: APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand
Der Wind verbreitet schon die ersten Pollen und verdrängt Feinstaub aus dem Grazer Becken. Holländer besuchen das Kärntner Eis.

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Wien/Graz/Klagenfurt - Die Natur spricht für die Jahreszeit eine ungewöhnliche Sprache, obwohl Meteorologen und Klimaexperten mit dem Wort "Klimawandel" vorsichtig umgehen und ihn für das warme Winterwetter nicht eindeutig verantwortlich machen wollen: In Teilen Österreichs hat der Pollenflug bereits eingesetzt, und so mancher Gärtner erwartet, dass die Sträucher und Blumen früher zu treiben beginnen.

Das frühe Treiben ist bei diesen Temperaturen kein Problem, gefährlich für die Triebe könnte aber der Frost werden, der diesen Winter vielleicht doch noch kommt. Obwohl Erle und Hasel schon blühen, werden der Allergieambulanz am Wiener AKH noch nicht die Türen eingerannt. Doch das könne schon ab kommender Woche aktuell werden, wenn es dabei blei- be, sagte Tamar Kinaciyan, Leiterin der Ambulanz zum Standard. In der Regel würden die beiden Bäume in Wien und Umgebung erst Ende Februar ihre Pollen unter die Allergiker schicken. Den Höhepunkt erwarte sie im März, wenn die Birken blühen, doch möglicherweise würden auch diese früher die Nasen laufen lassen.

Durchatmen können in der Zwischenzeit die Steirer, allerdings aus einem anderen Grund: Umweltlandesrat Manfred Wegscheider (SP) gab am Donnerstag bezüglich eines Fahrverbots wegen zu hoher Feinstaubwerte Entwarnung: Alte Diesel-Pkws können noch am Straßenverkehr teilnehmen. Der ersehnte Föhn wird kommen und die Luft im Grazer Becken auffrischen. Wäre die Wind-Prognose nicht so positiv ausgefallen, hätte es am Sonntag ein Fahrverbot gegeben.

Fast 14 Grad Celsius wurden dort am Donnerstag gemessen, kaum weniger in Wien, und tags zuvor waren es in Tulln gar gegen 17 Grad gewesen. Auch im Rest Österreichs sind die Temperaturen an den ersten zehn Jännertagen um fünf bis acht Grad über dem langjährigen Schnitt gelegen. Während vergangenes Jahr eine Nordostströmung für einen Winter bis in den März hinein gesorgt hat, ist es laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) heuer eine Südwestströmung, die den März in den Winter verfrachtet. Über den Grund dafür könne man nur spekulieren. Die Palette reicht von beginnender Klimaerwärmung bis zum Treibhauseffekt, der sich auf die Strömungen auswirkt.

Die Maronibrater in Wien rümpfen über den Frühling im Jänner ihre Nasen: Das Geschäft gehe schlecht, zeigen sich die Brater am Stephansplatz, in der Kärntner und Mariahilfer Straße besorgt. Genau aus diesem Grund habe man ja auch im Sommer nicht geöffnet, sagte eine Verkäuferin. Der warmen Witterung trauen die Wiener und Touristen noch nicht: Noch immer tragen sie ihre warmen Wintermäntel, auch wenn sie die Pudelmützen in den Jackentaschen verstaut und ihre Krägen geöffnet haben.

Auf Touristen bereitet man sich am Kärntner Weißensee vor: Eislaufbegeisterte Holländer werden sich ab 26. Jänner auf dem Eis tummeln und ih-re klassische 200 Kilometer lange "Elf Stedentocht", die Elf-Städte-Eisschnelllauf-Tour, veranstalten. Dieser winterliche Eislauf-Marathon war in Holland bereits wegen des Klimawandels ins Wasser gefallen: die Grachten, auf denen dieses Spektakel stattfand, froren nicht mehr zu.

Jahrzehntelang wussten nur die Einheimischen und einige Touristen um die fantastischen Eislaufverhältnisse am See. 11 Kilometer lang bestes Natureis und absolut sicher.

Daltons Eistanz

So sicher, dass sogar Hollywood auf den Weißensee aufmerksam wurde. So entstand hier eine der aufregendsten Szenen des James-Bond-Streifens "Der Hauch des Todes". Bond-Darsteller Timothy Dalton bremst seine bösen Verfolger auf dem spiegelglatten See mit seinem Aston Martin mit einem souveränen Rutsch- manöver aus.

Es scheint so, als würde der Klimawandel die Holländer auch am Weißensee einholen. Als einziger Kärntner See ist der Weißensee streckenweise mit Eis bedeckt, doch lediglich ein Laufband von vier Kilometern Länge und zwölf Metern Breite konnte bisher zum Eislaufen freigegeben werden. Das mittlerweile weltgrößte holländische Eislaufspektakel soll heuer dennoch abgehalten werden. Das bestätigt jedenfalls die Kärnten Werbung: Das Eis sei dick und halte wie zu Bond-Zeiten. (mil, stein, DER STANDARD - Printausgabe, 12. Jänner 2007)