Managua - Nach 16 Jahren in der Opposition ist der Sandinisten-Führer Daniel Ortega am Mittwoch (Ortszeit) zum zweiten Mal in seiner politischen Karriere als Präsident von Nicaragua vereidigt worden. Ortega will ein enges Bündnis mit dem US-Gegner Venezuela eingehen. In seiner Antrittsrede vor rund 300.000 Anhängern kündigte er am Mittwochabend in Managua an, dass sich Nicaragua dem Bündnis ALBA (Bolivarische Alternative der amerikanischen Staaten) anschließen werde. ALBA ist ein gegen die USA gerichtetes, von Venezuela finanziertes Bündnis, dem auch Kuba und Bolivien beigetreten sind. Das Freihandelsabkommen Nicaraguas mit den USA (CAFTA) kritisierte Ortega als unzulänglich.

Ortega versprach eine Regierung der nationalen Einheit, deren wichtigste politische Ziele die Bekämpfung von Hunger und Armut seien. Zu der öffentlichen Zeremonie waren 14 Staats- und Regierungschefs angereist, unter ihnen die Staatschefs Venezuelas, Mexikos und Boliviens, Hugo Chávez, Felipe Calderón und Evo Morales, sowie der spanische Kronprinz Felipe. Freund Chávez übergab Ortega eine goldene Replik des Schwertes des südamerikanischen Befreiungskämpfers Simon Bolivar (1783-1830) und versprach die Unterstützung seines Landes.

"Nach 16 langen Jahren sind wir an diesem historischen Nachmittag wieder in die Regierung zurückgekehrt", sagte Ortega auf dem Plaza Juan Pablo II. unter dem Jubel seiner Anhänger. Mit Blick auf seine in den nicaraguanischen Nationalfarben blau und weiß gehaltene Präsidentenschärpe sagte der neue Staatschef: "Diese Schärpe gehört den Armen, jenen Nicaraguanern, die bereit sind, für die Gerechtigkeit, gegen den Hunger, gegen den Mangel an Bildung und für die Gesundheit zu kämpfen." Seine Regierung wolle all jenen helfen, die Opfer "neoliberaler Politik" geworden seien.

Der 61-jährige ehemalige Revolutionär und Chef der linken Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) hatte das Präsidentenamt bereits schon einmal vor 26 Jahren nach dem Sturz des Diktators Anastasio Somoza inne. Der "Comandante" hatte das mittelamerikanische Land während der sandinistischen Revolution von 1979 bis 1990 regiert. Unter seiner Führung wurden das Gesundheits- und Bildungswesen für Arme geöffnet.

Ortega hatte die Präsidentenwahl Anfang November des vergangenen Jahres im ersten Wahlgang dank eines neuen Wahlgesetzes für sich entschieden. Dieses hatte er zuvor gemeinsam mit dem wegen Korruption verurteilten konservativen Parteiführer Arnoldo Aleman mit den Mehrheiten ihrer Fraktionen im Parlament durchgesetzt. Ortega, der Nicaragua in den 80er Jahren in den Kommunismus führen wollte, hat im Wahlkampf versprochen, das wirtschaftlich zerrüttete Land zu versöhnen und die Armut zu beseitigen.

In den vergangenen Tagen hat er vor allem versöhnliche Signale in Richtung Privatwirtschaft ausgesandt. Ortega beteuerte zwar, gute Beziehungen zu den USA anzustreben, warf aber vor wenigen Tagen der Regierung von Präsident George W. Bush im Zusammenhang mit dem Irak- Krieg verbrecherisches Verhalten vor. Die wichtigsten Posten in den staatlichen Institutionen, im Justiz- und Finanzwesen sowie im Parlament ließ er mit Sandinisten besetzen. Für die US-Regierung ist Ortegas Sieg ein Rückschlag. Sie sieht die Erfolge von US-kritischen, linksnationalistischen Regierungen in Lateinamerika mit Besorgnis.

Ortega wurde 1990 in freien Wahlen abgelöst und führte seitdem die Sandinisten aus der Opposition heraus. Kritiker werfen ihm einen autoritären Führungsstil vor. Nach gescheiterten Versuchen 1996 und 2001 setzte sich der einstige Revolutionsheld in der Präsidentschaftswahl am 5. November mit klarem Vorsprung vor dem von den USA unterstützten rechtsgerichteten Bankier Eduardo Montealegre durch. Vor allem die Armen, als solche gelten etwa 70 Prozent der 5,4 Millionen Nicaraguaner, stimmten für ihn. (APA/dpa)