Warschau - Der polnische Staatspräsident Lech Kaczynski
sieht die deutsch-polnischen Beziehungen als "labil" an. "Die
Situation ist labil. Es fing miserabel an, später verbesserten sich
die Beziehungen. Und jetzt sehen wir unsere früheren Befürchtungen
bespielsweise hinsichtlich der Preußischen Treuhand bestätigt", sagte
er in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit dem
polnischen Magazin "Przekroj". Die Entschädigungsklagen von
vertriebenen Deutschen gegen Polen seien "eine Bedrohung, die man
nicht bagatellisieren darf".
Angesichts der Unvorhersehbarkeit von Gerichtsurteilen wolle er
nicht einfach daran glauben, dass das der Europäische
Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) in Straßburg die Klage der
Alteigentümer abweise. "Bei Tribunalen haben Politiker nichts zu
sagen. Es kann sein, dass es ein Urteil gibt, dass dem Willen von
Bundeskanzlerin (Angela) Merkel nicht entspricht", sagte er
angesichts der Versicherung der deutschen Regierung, die
Vertriebenenklagen namens der Organisation Preußische Treuhand nicht
zu unterstützen. Warschau hatte in der Vergangenheit vergeblich
darauf gedrungen, dass die Bundesrepublik sich bereit erklärt, die
Entschädigung von Vertriebenen, die Ansprüche gegen Polen geltend
machen, zu übernehmen.
Polen bemühe sich um "bestmögliche Beziehungen" zu Deutschland,
versicherte Kaczynski, der Merkel als "sympathisch" bezeichnete.
"Aber das müssen Beziehungen sein, die in größerem Maß als bisher
partnerschaftlich sind. Unsere Rolle kann nicht darin bestehen, dass
wir in jedem Fall die Konzepte unterstützen, die Deutschland
vorstellt."
Zu den Problemen im deutsch-polnischen Verhältnis gehören neben
den Eigentumsansprüchen und dem vom deutschen Bund der Vertriebenen
(BdV) in Berlin geplante Dokumentationszentrum zur Erinnerung auch an
deutsche Opfer von Zwangsumsiedlung und Vertreibung auch der Bau
einer russisch-deutschen Pipe-Line, die durch die Ostsee an Polen
vorbei verlaufen soll. Außerdem sorgte eine Satire in der deutschen
"taz" über Präsident Kaczynski im Vorjahr für Aufregung. Dabei wurde
das Staatsoberhaupt mit einer Kartoffel verglichen. (APA/dpa)