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Ursula Plassnik, Außenministerin

Foto: APA/Techt
Für Ursula Plassnik ist es besonders wichtig, dass sich die SPÖ auf ein Bekenntnis zu Europa einschwören ließ. Mit der Außenministerin sprach Christoph Prantner.

STANDARD: Die neue Bundesregierung hat keinen guten Start erwischt. Die Kommentare auch aus dem Ausland sind zum Teil sehr kritisch. Besorgt?

Plassnik: Überhaupt nicht. Dass man es nicht allen Recht machen kann, ist eine Erfahrung, die Kanzler Gusenbauer dieser Tage wieder einmal erlebt. Volkspartei und SPÖ haben seriöse Arbeit geleistet und eine gute Grundlage für die Regierungsarbeit der nächsten Jahre geschaffen. Wieso also sollte ich besorgt sein?

STANDARD: Der außenpolitische Teil des Regierungsprogrammes liest sich beinahe wie eine 100-prozentige Fortsetzung dessen, was die vorherige Regierung gemacht hat ...

Plassnik: Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit sind grundlegend für die Außenbeziehungen. Hier Originalitätswettbewerbe anzustreben ist nicht sehr realitätsnah. Im Übrigen empfinde ich die Einigung über den europapolitischen Teil des Programms als Bestätigung der bisherigen Arbeit des Außenministeriums. Wir machen weder rote noch schwarze Politik, wir machen rot-weiß-rote Politik im Interesse Österreichs.

STANDARD: Welche Punkte sind Ihnen besonders wichtig?

Plassnik: Der Kern ist, dass sich die beiden Parteien darauf geeinigt haben, das Europabewusstsein der Österreicher neu zu beleben. Populistische Negativhülsen wie „Erweiterungsstopp“ oder „Ratifikationsstopp“ haben keinen Eingang in dieses Programm gefunden.

STANDARD: Hat es irgendeinen Punkt in den Verhandlungen gegeben, der strittig war?

Plassnik: Die hinreichende finanzielle Bedeckung für die Ziele im Bereich Entwicklungszusammenarbeit wurde nicht immer berücksichtigt. Darauf habe ich sehr deutlich hingewiesen. Ansonsten haben wir viele Gemeinsamkeiten erarbeitet: Wir haben uns in der Ortstafelfrage auf eine Lösung mit verfassungsrechtlicher Grundlage bis Sommer 2007 verständigt. Wir wollen, dass jedes Balkanland im Jahr 2007 eine Vertragsbeziehung zur EU hat. Wir wollen uns _unter anderem der Themen E-Voting und eines verbesserten Wahlrechts für Auslandsösterreicher annehmen.

STANDARD: Die europapolitisch wichtigsten Themen sind Verfassung und Institutionenreform. Ist Österreichs Position hier noch immer die gleiche?

Plassnik: Es gibt keine Grund, unsere Position zu ändern. Wir haben den Verfassungsvertrag ratifiziert wie mittlerweile 17 andere Mitgliedsstaaten auch. Was wir jetzt brauchen, sind neue Impulse. Ein solcher wird die kommende Berliner Erklärung zum 50-jährigen Bestehen der römischen Verträge sein. Was sich einfach zeigt, ist, dass die _Union hier einen Schritt nach dem anderen machen muss. Das bestätigt die Linie, die wir in der österreichischen Präsidentschaft entwickelt _haben.

STANDARD: Welchen Zeithorizont sehen Sie für den Abschluss dieses Prozesses?

Plassnik: 2009 wird mit den Wahlen zum Europäischen Parlament ein Schlüsseljahr werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir mit einer unklaren Rechtsbasis in diese Europawahlen gehen.

STANDARD: SPÖ und ÖVP bekennen sich zur gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU und gleichzeitig zur immerwährenden Neutralität. Wäre es nicht Zeit, mit dem Mythos Neutralität aufzuräumen?

Plassnik: Unsere volle Mitwirkung an einer solidarischen EU-Außen- und Sicherheitspolitik hat sich bewährt. Wir haben eine passende verfassungsrechtliche Grundlage, ohne dass wir deswegen die Neutralität infrage gestellt hätten. Auf dieser Basis kann man gut weiterarbeiten. Es gibt keinen Grund, davon abzugehen.

STANDARD: Im Bereich der multilateralen Außenpolitik strebt Österreich 2009/2010 einen nicht ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat an. Warum?

Plassnik: Wir messen dem Multilateralismus, und insbesondere den Vereinten Nationen, traditionell einen großen Wert bei. Wir übernehmen in diesem Bereich vielfach Verantwortung, 1300 österreichische Blauhelme sind weltweit aktiv. Wir arbeiten intensiv in der Armutsbekämpfung oder im Bereich Abrüstung. Deswegen sind wir interessiert daran, auch im zentralen politischen Steuerungsgremium der UNO vertreten zu sein. Die EU spielt in der UNO eine große Rolle, das sollte gerade auch durch das Engagement der kleinen und mittleren Länder zum Ausdruck kommen.