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Die Reiselust ist ungebrochen: Sogar die Gipfel des Kilimandscharo gelten schon als "klassische Wanderdestination".

Foto: APA/EPA/Morrison
Wien - Der Boom in der Tourismuswirtschaft erreicht derzeit lichte Höhen. Die Unternehmen verdienen trotz des Schneemangels gut, die Gästebetten sind ausgelastet. Die Unternehmen verdienen und können dadurch auch steigende Zinsbelastungen noch gut verkraften. Bereits in der nächsten Sommersaison könnte jedoch alles anders sein. "Spätestens, wenn der, in Österreich traditionell schwache, Sommer nur mehr magere Umsätze bringt, werden viele Betriebe erst die härteren Vorgaben für Fremdkapitalzinsen so richtig zu spüren beginnen," ist Franz Hartl, Chef der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT), im STANDARD-Gespräch überzeugt.

Hoher Zinsenaufwand

Betriebe, die lediglich auf eine schlechte Bonität bzw. Besicherung verweisen können - also rund 30 Prozent der Tourismusunternehmen - müssen künftig mit einem Zinsenaufwand von bis zu 13 Prozent (statt bisher vier Prozent) rechnen. Betriebe, die mittlere Sicherheiten haben, werden künftig immer noch rund 5,7 statt vier Prozent Zinsen berappen müssen.

Dafür zeichnet die mit 2007 greifende Neugestaltung der Eigenkapitalvorschriften der Kreditinstitute, die unter dem Stichwort "Basel II" vor allem Klein- und Mittelbetriebe schreckt, verantwortlich.

Außerdem koppelt sich die Zinsbelastung immer weiter vom Kapitalmarkt ab, wodurch der Zinsendruck trotz niedrigem Zinsniveau am Kapitalmarkt weiter steigt. So lag der Euribor (also der Referenzzinssatz für kurzfristige Geldanlagen unter Geschäftsbanken) 2006 bei 3,08 Prozent, die Fremdkapitalzinsen gingen jedoch Richtung sieben Prozent.

"Das tut den Tourismusbetrieben besonders weh, weil deren Bilanzsumme trotz verbesserter Eigenkapitalausstattung immer noch zu 96 Prozent fremdfinanziert ist," erläutert Hartl. Freuen können sich hingegen die Unternehmen, deren Bonität von den Kreditgebern als gut (Ausfallsrisiko: 0,14 bis 1,19 Prozent) eingestuft wird. Sie zahlen in Zukunft dank Basel II statt vier nur 3,75 Prozent zurück.

Milder Winter kein Problem

Für die gut aufgestellten Betriebe sollte auch der milde Winter kein Problem darstellen. Hotels und Pensionen in klassischen Skigebieten bzw. höheren Lagen können sich derzeit von den ungewöhnlichen Witterungsbedingungen unbeeindruckt zeigen. Die Gäste kommen trotzdem. Darunter auch viele Einheimische. Bei den Inlandsreisen dreht sich für ein Drittel der Österreicher nämlich alles um sportliche Aktivitäten. Das ergab eine Studie der Verkehrsbüros mit der Statistik Austria. Die durchschnittlichen Ausgaben der heimischen Urlauber liegen im Inland bei 103 Euro pro Tag. Im Ausland lassen die vom Reisefieber gepackten Österreicher sogar 145 Euro springen. Im Hinblick darauf und auf die kommende Urlaubssaison 2007 reibt sich die heimische Reiseindustrie schon die Hände.

Gewinner Asien, Verlierer USA

Vor allem Asien-Trips, individuelle Spezialreisen und Lateinamerika-Aufenthalte liegen im Trend. Als großer künftiger Verlierer unter den Reisezielen gilt hingegen bereits jetzt die USA. Seit den Anschlägen auf das World Trade Center im Jahr 2001 sind die Gruppenreisen faktisch auf Null abgesackt, heißt es auf Veranstalterseite.

Hingegen boomen, neben dem Dauerbrenner Thailand, Asien-Destinationen wie etwa Vietnam oder Kambodscha. Die werden immer besser gebucht. Selbst Bali ist nach den verheerenden Bombenanschlägen wieder ins touristische Bewusstsein gerückt. Als Fernostdestinationen führt derzeit China mit Zuwächsen bis zu 35 Prozent. Jenseits des Atlantiks entwickelt sich vor allem Brasilien zum gefragten Reiseziel. Gleichzeitig verlassen auch immer mehr Urlauber touristische Trampelpfade. Es werden vor allem individuelle Spezialreisen nachgefragt. Deshalb bieten Alternativ-Reiseveranstalter etwa den Kilimandscharo als klassische Wanderdestination an. Das Reisefieber treibt die Österreicher zudem verstärkt nach Marokko, wo die Wüste als besonderes Urlaubserlebnis angeboten wird. (Monika Bachhofer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13./14.1.2007)