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Bergung einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Wer die Suche nach Blindgängern bezahlt, soll jetzt neu geregelt werden

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Wien/Salzburg - "Weitermachen wie bisher" ist der Grundtenor des neuen Regierungsprogrammes im Kapitel Innere Sicherheit. Unter der Rubrik "zusätzliche Aufgabenstellungen" werden aber einige heiße Eisen angepackt. Eines davon ist das ungelöste Problem von Blindgängern aus dem Zweiten Weltkrieg. SPÖ und ÖVP wollen den jahrzentelangen Streit zwischen Bund, Ländern und Privatpersonen um die Kosten von Sondierung und Bergung der Fliegerbomben mit klaren gesetzlichen Regeln beenden.

"Bisher hat man sich über die finanzielle Problematik hinweggeschwindelt", hieß es am Freitag auf Standard-Anfrage im Innenministerium. Unterschiedliche Rechtsauffassungen bemühten entweder das Katastrophenschutzgesetz oder das Kriegsmaterialiengesetz.

Grundeigentümer müssen zahlen

Derzeit gilt: Wer auf seinem Grund und Boden einen Blindgänger hat, kann zwar von Glück reden, dass er noch nicht in die Luft gegangen ist, hat aber auch das Pech, für das Suchen, Finden und Freilegen der Bombe zu Kasse gebeten zu werden. Dass dabei die Kosten explodieren können, hat im Vorjahr die Salzburger Kassierin Carmen K. erlebt. Sie soll für die Vorarbeiten der Bergung einer Fliegerbombe auf ihrem Grundstück 100.000 Euro berappen.

Kommunen und Bundesländer weigerten sich bisher beharrlich, für die Suche nach kriegerischen Altlasten aufzukommen, das Innenministerium wiederum übernimmt ausschließlich die Kosten für Entschärfung und Bergung. Seit vier Jahren läuft in Salzburg ein Musterprozess über die Kostenaufteilung. Im Juni 2003 hatte die Finanzprokuratur vorerst eingewilligt, die Hälfte der geforderten Kosten zu bezahlen. Am letzten Tag der sechswöchigen Einspruchsfrist wurde der Vergleich auf Weisung des Innenministeriums aber widerrufen. Eine außergerichtliche Einigung platzte 2004. Nach mehreren Richterwechseln soll der Zivilprozess heuer im Frühjahr fortgesetzt werden.

Vom potenziellen Problem einer schlummernden Fliegerbombe sind in Österreich Millionen Menschen betroffen. Über dem Land wurden zwischen 1943 und 1945 von den Alliierten insgesamt 120.000 Tonnen Bomben abgeworfen. Fast die Hälfte davon über Wien und Graz, auch in Linz, Salzburg, Klagenfurt und Innsbruck kommen immer noch wöchentlich Kriegsrelikte zum Vorschein. Seit Jahren wird nach alten Plänen der alliierten Streitkräfte gezielt nach Blindgängern gesucht.

Langzeitzünder

Die nächste Entschärfung einer Bombe ist am Sonntag, dem 21. Jänner, beim Salzburger Hauptbahnhof geplant. Ab neun Uhr früh werden alle Gebäude im Umkreis von 200 Metern evakuiert, rund 2500 Menschen müssen vorübergehend ihre Wohnungen verlassen. Der Zugverkehr wird auf ein Gütergleis über Hallein umgeleitet. Hat der Blindgänger einen der gefürchteten Langzeitzünder, wird er wahrscheinlich an Ort und Stelle kontrolliert zur Detonation gebracht. 2003 waren im Salzburger Stadtteil Schallmoos beim Versuch, eine derartige Bombe zu entschärfen, zwei Beamte des Entminungsdienstes ums Leben gekommen.

Ein weiterer Punkt, auf den sich die SPÖ-ÖVP-Koalition im Regierungsprogramm geeinigt hat, ist die Schaffung einer Sexualstraftäterdatei. Die Details, etwa wer Zugriff haben soll, sind aber noch unklar. Dass sich im Kapitel Innere Sicherheit auch ein neu zu schaffendes Bundesgesetz für private Sicherheitsdienste findet, sorgt im Innenministerium für Verwunderung. Das sei doch eher Aufgabe des Wirtschaftsressorts. (Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe, 13./14.01.2007)