Im Alter zwischen 30 und 40 Jahren grassiert Sinusitis. Der sich ändernde Energielevel ist schuld, sagt die chinesische Medizin.

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Etwa jeder siebente Österreicher hat mindestens einmal pro Jahr Probleme mit seinen Nasennebenhöhlen. Besonders unangenehm ist die lang andauernde und oft überhaupt nicht nachhaltig therapierbare chronische Sinusitis. Die Symptome reichen von einer blockierten Nasenatmung über Kopfschmerzen, Druckgefühl und eitrigem Nasensekret bis zum völligen Verlust des Geruchssinns und Polypenbildung. "Leider", so Heinz Stammberger, Leiter der HNO-Abteilung der Medizinuniversität Graz, "können diese Symptome von vielen Ursachen ausgelöst werden, wodurch die Diagnose chronische Sinusitis unscharf und oft unzutreffend gestellt wird. Dadurch vermischt sich auch in der Therapie alles Mögliche."

Kein Maß und Ziel

So gingen Mediziner lange von der Vorstellung aus, dass diese Dauerbeschwerden nur durch strukturale Veränderung in den Nasennebenhöhlen bedingt sind. "Heute wissen wir, dass es eine bestimmte Form von chronischer Sinusitis gibt, bei der sich Entzündungszellen (Eosinophile) um Pilzfragmente im Schleim ansammeln", erklärt Stammberger. "Die Eosinophilen werden vom Immunsystem beauftragt, im Schleim ein Eiweißgift – das Major Basic Protein – freizusetzen und die Pilzfäden zu zerstören." Dieses Major Basic Protein wird durch den dauernden Reiz jedoch in solchen Mengen freigesetzt, dass es eine toxische Schädigung auch der Schleimhaut bewirkt. Dadurch werden die Flimmerhärchen zerstört und das Epithel geschädigt. Erst dann setzen die sekundären Mechanismen ein, die man bislang für die chronische Sinusitis verantwortlich machte – etwa eine bakterielle Superinfektion. "Dann, und nur dann, können kurzfristig Antibiotika erforderlich werden", so Stammberger. "Allerdings kann man damit die Ursachen nicht beheben. Diese bestehen fort und können wieder Beschwerden auslösen."

Hoffnung

Die neue Erkenntnis, dass es sehr unterschiedliche Formen von chronischer Nasennebenhöhlenentzündung gibt, wird auf Diagnose und Therapie erhebliche Auswirkungen haben. Deshalb gibt es auch Bestrebungen, die immunologisch begründete eosinophile, chronische Sinusitis – die ein äußerst komplexes Vorgehen bei der Behandlung erfordert – von den nicht eosinophilen Formen zu differenzieren, welche sehr gut behandelbar sind.

Was sind die Ursachen der chronischen Sinusitis, die 50 Prozent der Krankheitsfälle ausmacht? "Bislang machte man Pilze dafür verantwortlich, inzwischen vermutet man aber genetische Ursachen", berichtet der HNO-Arzt. "Man konnte nachweisen, dass eine Allergie nichts damit zu tun hat und dass die Eosinophilen – die es auch bei der Allergie gibt – auf unterschiedliche Art reagieren."

Große Blockade

Letztlich geht es bei diesem Krankheitsbild also darum, die Eosinophilen von der Nasenschleimhaut fernzuhalten. Wie das gehen könnte? "Bislang wissen wir nur, dass es sich um eine immunologische Reaktion handelt, bei der verschiedenste Botenstoffe eingesetzt werden. Man versucht also eine Methode finden, diese Botenstoffe zu blockieren." Zurzeit konzentrieren sich große Pharmafirmen und Forschungseinrichtungen – auch die Grazer Medizinuniversität als österreichisches Zentrum der Nasennebenhöhlenforschung ist dabei höchst aktiv – auf die Entwicklung eines entsprechenden Antikörpers. Intensiv beforscht wird auch eine Anti-Pilz-Therapie, mit der man die Pilze zu blockieren hofft. Beides viel versprechende Ansätze, die allerdings noch einen langen Weg bis zu einer möglichen klinischen Nutzung vor sich haben.

Klassische Therapie

Bis es so weit ist, muss man also auf die klassischen Therapiemöglichkeiten zurückgreifen: etwa auf Kortison, von dem es heute bereits verbesserte Präparate ohne systemische Nebenwirkungen gibt. "Allerdings", so Stammberger, "reicht das bei sehr schweren Fällen, beispielsweise mit ausgeprägten Polypen, eher selten." Hier sei die Therapie unverändert eine endoskopische Operation in Kombination mit einer Langzeitbehandlung mit einem Kortisonspray, der auf die Nasenschleimhäute gesprüht wird, eventuell auch kurzfristig Kortison in Tablettenform. "Damit erzielen wir eine ausgezeichnete Verbesserung der Lebensqualität der Patienten – auch wenn wir damit nur die Symptome bekämpfen", bekennt der HNO-Experte. "In spätestens 20 Jahren wird man aber auch hier nicht mehr operieren müssen – dann wird es wahrscheinlich schon eine Impfung geben." (DER STANDARD, Printausgabe, Doris Griesser, 15.1.2007)