Wien/Linz - "Mein erster Weg in neuer Funktion" führte den designierten ÖVP-Obmann, Vizekanzler und Finanzminister Wilhelm Molterer am Montag in "meine Heimat"- zur oberösterreichischen Landesparteikonferenz nach Linz. Dort lobte er ausdrücklich die Loyalität von Landeshauptmann Josef Pühringer, seit dem Wochenende eine offensichtlich auch in der Volkspartei eigens zu erwähnende Charaktereigenschaft.

Mit Pühringer, der sichtlich stolz ist, dass Oberösterreich den Parteichef stellt, tritt Molterer derzeit gerne auf. In Niederösterreich und Tirol hätte er es weniger einfach. Seit nicht einmal einer Woche provisorisch als Parteichef im Amt, muss sich Molterer bereits in der einstigen Königsdisziplin seiner Vorgänger üben: parteiinterne Streitigkeiten schlichten oder für "beendet erklären".

Der Anlass für den Konflikt ist bereits eine Woche alt: die gescheiterte Bestellung von Karl-Heinz Grasser zum Finanzminister und Vizekanzler. Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll hatte am Wochenende scharfe Kritik an ÖVP-Seniorenchef Andreas Khol geübt.

Der ehemalige Nationalratspräsident sei neben anderen daran schuld, dass Grasser die Politik verlassen habe, und das sei ein Fehler gewesen. Schnippischer Nachsatz: "Ich hoffe sehr, dass in Zukunft die Bedeutung von Andreas Khol nicht mehr die sein wird, die es bisher gewesen ist."

Khol, ansonsten nicht mundfaul, verbat sich eine Retourkutsche. Er wolle "den Start von Wilhelm Molterer nicht durch einen völlig unnötigen Streit belasten".

Glück im Unglück

Aber das war ohnehin schon passiert. Glück im Unglück hatte die ÖVP nur, weil der Konflikt in der eigenen Partei angesichts der öffentlichkeitswirksameren Proteste gegen den neuen roten Bundeskanzler Alfred Gusenbauer nicht so großes Gewicht bekam.

Am Montag bemühte sich Molterer von Linz aus, seine "Alphatiere" wieder zur Räson zu rufen. Für ihn war die Attacke Prölls gegen Khol nichts anderes als ein "Scharmützel", das er für beendet erklärte. Die eingeleitete personelle Erneuerung in der ÖVP sei für ihn "unumkehrbar".

Spekulationen, wonach Khol vor der Ablöse stehe, wehrte er ebenso ab. "Der Seniorenbund ist eine selbstständige Organisation, die über ihre Führung entscheidet." Und der loyale Landeshauptmann Pühringer fügte dem noch hinzu: "Die Zeichen stehen auf neu- und nicht auf abberufen."

Eine andere Neuberufung konnte Molterer noch nicht verkünden: die des neuen Mannes oder der neuen Frau an der Spitze der ÖVP-Parteizentrale. Der Bundesgeschäftsführer werde im Laufe dieser Woche bestellt, meinte er nur. Es gebe "viele gute Leute".

Strasser liebäugelt

Offen geliebäugelt hatte Ex-Innenminister Ernst Strasser in der ORF-Sendung "Offen gesagt" mit dem Job. Dort dementierte er eine Rückkehr auf die politische Bühne nicht.

Tags darauf meinte er im Interview mit derStandard.at, dass er von Rückkehr in die Politik nichts wisse. "Sie sprechen mit Ernst Strasser. Vielleicht liegt da eine Verwechslung vor. Meine politische Karriere liegt in der Vergangenheit. Vielleicht meinen Sie jemand anderen", sagte Strasser. Er sei jetzt "in der Privatwirtschaft. Schauen Sie doch einfach auf meine Homepage".

Die allerdings schaut doch noch sehr wie die Plattform einer Persönlichkeit aus, die mit der Politik noch nicht ganz abgeschlossen hat - Zitate von Weggefährten und Kinderfotos inklusive.

Auch enge Vertraute Strassers glauben, dass der Oberösterreicher Strasser dem Ruf des Oberösterreichers Molterer doch noch folgen könnte. "Das ist keine eindeutige Absage", interpretiert ein ehemaliger Mitstreiter Strassers jüngste Wortmeldung.

Geeignet wäre Strasser: Der 2004 im Streit mit Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel aus dem Amt des Innenministers geschiedene gilt als guter Organisator und gewiefter Stratege mit besten Kontakten - vor allem auch in der Medienszene. Politisch lange Jahre in Niederösterreich verankert, hätte er auch die Rückendeckung der mächtigsten Landespartei.

Ein anderer Oberösterreicher, der ÖVP-Landesgeschäftsführer Michael Strugl, hat aus familiären Grunden bereits abgewinkt. (von Kerstin Scheller und Barbara Tóth/DER STANDARD, Printausgabe, 16.1.2007)