Wien - "Sie war eine sehr streitbare Frau", erinnert sich Louis Fischer. Der aus Ruanda stammende Tierarzt, der heute in Wien ein Labor für Veterinärmedizin und Hygiene leitet, ist Dian Fossey Anfang der Achtzigerjahre persönlich begegnet.

Ihre Leidenschaft für die Berggorillas in Ruanda entdeckte Fossey relativ spät. 1932 in den USA geboren, studierte sie zunächst erfolglos Veterinärmedizin, ehe sie eine Ausbildung zur Ergotherapeutin absolvierte. 1966 traf sie den Paläontologen Louis Leakey, der nicht nur Fossey dazu überredete, in Afrika über Primaten zu forschen.

Leakey hielt Frauen grundsätzlich für begabtere Feldbiologen hielt als Männer und begeisterte auch Jane Goodall und Biruté Galdikas dafür, Menschenaffen zu studieren. Alle drei hatten so gut wie keine wissenschaftliche Vorbildung.

Leakeys Engel

Alle drei "Engel Leakeys", wie man die Primatologinnen in Fachkreisen bald nannte, wurden trotzdem - oder gerade deshalb -, zu Popstars der Wissenschaft. Und Fossey avancierte durch den Spielfilm "Gorillas im Nebel" sogar zur tragischen Kinoheldin.

Die US-Amerikanerin forschte zunächst im Auftrag der National Geographic Society in der Demokratischen Republik Kongo (damals Zaire). Nachdem dort der Bürgerkrieg ausbrach, floh sie nach Ruanda, setzte dort ihre Beobachtungen an Berggorillas fort und baute in den Virunga Mountains in 3000 Meter Höhe die Karisoke-Forschungsstation auf.

Monatelang durchstreifte sie für ihre Untersuchungen die nebeligen Berge rund um den Virunga-Vulkan, überwandt ihre starke Höhenangst und ignorierte ihre labile Gesundheit. Durch ihre beeindruckende Geduld gelang es ihr nach und nach, von den scheuen Berggorillas akzeptiert zu werden.

Bilder und Filme, die um die Welt gingen, zeigten Fossey auf Tuchfühlung mit den Berggorillas, die sie im Gesicht und an der Schultern berührten. Sogar Jungtiere wurden ihr anvertraut. Durch den engen Kontakt mit den Tieren gelangen ihr bis dahin unbekannte Einblicke in deren familiäre Strukturen und ihr Kommunikationsverhalten.

Fossey veröffentlichte Artikel in National Geographic und wurde über den Umweg der Populärwissenschaft bald auch in Fachkreisen bekannt. 1974 schloss sie ihre Dissertation an der Universität Cambridge ab.

Privat allerdings war ihr Leben von zahlreichen Enttäuschungen gezeichnet. Dazu kam die immer stärkere Bedrohung ihrer Berggorillas durch Wilderer und Gegner ihrer Forschungen. So wurde eines Tages ihrem Lieblingstier der Kopf und die Hände abgehackt. Die Entdeckung seiner Leiche beschrieb sie als den grausamsten Moment ihres Lebens.

Wenig beliebt

Aus Verzweiflung, Ohnmacht und Hilflosigkeit wuchs Hass; ihre Leidenschaft für die Tiere wurde zur Obsession. "Bei den Einheimischen war sie nicht sehr beliebt", erinnert sich der Veterinärmediziner Louis Fischer, der nach Fosseys Tod auch für einige Zeit auf ihrer Forschungsstation arbeitete. "Nyiramachabelli" habe man sie genannt, was auf Deutsch so viel bedeutet wie "einsame Frau des Waldes". Das war noch harmlos formuliert. Denn die Forscherin schlug harmlose Touristen in die Flucht, steckte die Hütten der Einheimischen in Brand und bestrafte Wilderer mit Schein-Exekutionen.

Ende Dezember 1985 wurde sie im Schlaf ermordet - unter bis heute ungeklärten Umständen. Ihr Grab liegt neben dem ihres Lieblingsgorillas in den Bergen Ruandas. "Niemand liebte Gorillas mehr", lautet seine Inschrift. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16. 1. 2007)