Echte Radfahranlagen sind nur ein Bruchteil der "verkauften" 1000 Radweg-Kilometer. Im Westen der Stadt sind sie besonders rar, stellte das Wiener Kontrollamt fest.

Foto: Christian Fischer
Das "Wiener Radwegnetz" umfasse "mehr als 1000 Kilometer", rühmt sich die Stadt Wien auf ihrer Homepage. Aber das ist ein Lavendelschmäh. Das berichtete bereits der Standard und das wurde jetzt auch amtlich festgestellt – vom Wiener Kontrollamt. Tatsächlich sind nämlich knapp 32 Prozent dieser "Radwege" lediglich ein "verkehrsberuhigter Bereich", weitere 27 Prozent sind "Radrouten" – also normale Straßen mit grünen Hinweisschildern. In Summe werden bei diesen 1000 Kilometern also 59 Prozent "Radwege" mitgerechnet, die gar keine sind. Weiters hat das Kontrollamt untersucht, wie groß die Radnetze in einzelnen Bezirken sind, wie viele Verbindungen es pro 1000 Einwohner gibt und wie groß deren Anteil am Straßennetz ist. Dabei wurden drei Schlusslichter festgestellt: Das Kontrollamt empfiehlt "für den 16., 17. und 18. Wiener Gemeindebezirk den Ausbau des Radverkehrsnetzes zu verstärken". Auch stellten die Stadtkontrollore fest, "dass trotz der Vergrößerung des Radverkehrsnetzes keine merkbare Reduktion bei der Anzahl der Unfälle mit Radfahrern erkennbar war". Im Gegenteil: Die Zahl der bei Unfällen verletzten Radfahrer ist in den vergangenen 20 Jahren deutlich angestiegen; vor allem aber hat die Zahl der verletzten Fußgänger pro 100 Radunfälle deutlich zugenommen.

Gefährliche Strecke

"Dass die schlimmsten Unfallpunkte der Stadt nicht schon längst saniert sind, ist absolut unverständlich", ergänzt der Grüne Christoph Chorherr. Man wisse schon längst, dass der Ring-Rund-Radweg vor allem bei der Oper und beim Burgtheater zu den absolut gefährlichsten Strecken in Wien zählt. Weiters ist Chorherr froh, "dass der 1000-Kilometer-Schmäh endlich entlarvt ist" und will von Verkehrsstadtrat Rudi Schicker (SP) wissen, was in den drei säumigen westlichen Bezirken "geschehen wird, um das Angebot zu erhöhen und das Rad fahren dort attraktiver zu machen."

Im Büro Schicker heißt es dazu, dass die Topografie dort schwieriger als anderswo in Wien sei, aber dass man mit den Bezirken "verstärkt am Netz arbeiten" werde. Was den Kilometerschmäh betrifft, so habe man "die Budgetierung für Radverbindungen von Knoten zu Knoten für die Zählkilometer übernommen". Und auch Tempo 30-Zonen hätten doch "stark verbindenden Charakter". Bei der Sicherheit gebe es durch den zunehmenden Radverkehr "auch ein höheres_Potenzial an Gefährdungen". Am Ring etwa habe man versucht, die heiklen Überfahrten durch rote Abmarkierungen zu entschärfen. Die von der Stadt Wien propagierten "1000 Kilometer Radwege" gibt es längst nicht, hat nun auch das Kontrollamt festgestellt. Der 16., 17. und 18. Bezirk sind beim Radweg-Ausbau besonders säumig. Außerdem werden bei Radunfällen immer öfter Passanten verletzt. (Roman David-Freihsl/DER STANDARD-Printausgabe, 16.01.2007)