Wildbad Kreuth - Der Dienstag könnte zum Tag der Entscheidung für Edmund Stoiber werden: Der bayerische Ministerpräsident und CSU- Chef stellt sich in Wildbad Kreuth allen 124 Abgeordneten der CSU- Landtagsfraktion zur offenen Aussprache über seine politische Zukunft. Bereits am Vortag hatte Stoiber mit dem erweiterten Fraktionsvorstand diskutiert. Dabei ließ er erstmals seine Bereitschaft zum Rückzug erkennen.

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Edmund Stoiber hat erstmals einen Verzicht auf eine erneute Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2008 ins Spiel gebracht. Vor dem Vorstand der CSU-Landtagsfraktion im Wildbad Kreuth sagte Stoiber am Montag nach Angaben aus seinem Umfeld, dass er bei der Wahl antreten wolle, aber nicht antreten müsse.

Krisensitzung angeblich dennoch in guter Atmosphäre

Stoiber wolle mit diesem Angebot auf die Fraktion zugehen, hieß es weiter. Er strebe einen gemeinsamen Weg von Fraktion und Partei an. Demnach könnte ein von November auf Anfang September vorgezogener Parteitag der Christsozialen den nächsten Spitzenkandidaten bestimmen.

Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann (CSU) wollte das Angebot Stoibers nicht kommentieren. "Wir sind mitten in den Gesprächen, da gebe ich keine Wasserstandsmeldungen ab." Nach den Angaben aus Stoibers Umfeld machte der CSU-Chef der Fraktion keine Vorschläge, wer an seiner Stelle Spitzenkandidat werden könnte. In den letzten Tagen war Innenminister Günther Beckstein (CSU) als Favorit gehandelt worden, aber auch Herrmann wurden Chancen zugesprochen. Den Angaben zufolge wurde zunächst nicht über den CSU-Vorsitz diskutiert. In München wird erwartet, dass Stoiber bei einem Rückzug beide Ämter aufgeben würde.

Der Fraktionsvorstand unterbrach am Montagabend nach knapp sechsstündigen Gesprächen mit Stoiber die Beratungen über dessen Vorsitz für eine einstündige Pause. Aus dem 40-köpfigen Gremium gab es 35 Wortmeldungen zu den jüngsten Turbulenzen der CSU. Trotz der im Vorfeld aufgeheizten Stimmung beschrieben Teilnehmer die Atmosphäre als angenehm und konstruktiv. Auch Herrmann sagte, das Gespräch finde in einer "sehr angenehmen Atmosphäre" statt, es gebe eine faire Diskussion. Er rechne mit Beratungen noch bis "weit in den Abend hinein".

Zusätzlich angeheizt wurde die Sitzung durch eine Veröffentlichung zu einer angeblichen Affäre von Parteivize und Bundesverbraucherminister Horst Seehofer. Stoiber bezeichnete den Bericht als "unanständig". Seehofer habe sein "uneingeschränktes Vertrauen und das Vertrauen der CSU". CSU-Generalsekretär Söder betonte in Kreuth: "Privat ist privat." Den Stil solcher Berichte finde er "unerträglich". CSU-Vize Barbara Stamm sagte, "das ist unterste Schublade". Die Fürther Landrätin Gabriele Pauli (CSU) sagte in einem Interview mit dem Magazin "Cicero": "Es gibt offensichtlich das Interesse, Horst Seehofer aus dem Rennen zu drängen."

Die "Bild"-Zeitung hatte am Montag berichtet, es würden Gerüchte gestreut, laut denen der verheiratete Seehofer seit längerem in Berlin eine Geliebte habe. Seehofer lehnte auf Anfrage jeden Kommentar dazu ab. Er gilt als aussichtsreicher Kandidat, Stoiber als CSU-Chef nachzufolgen, falls dieser abtritt. Am Abend erklärte der stellvertretende "Bild"-Chefredakteur Jörg Quoos, es sei blanker Unsinn zu behaupten, die Gerüchte um Seehofer seien gezielt aus dem Umfeld der Staatskanzlei gestreut worden.

In der Gunst der Bevölkerung sackte Stoiber derweil weiter ab. In einer am Montag veröffentlichten Forsa-Umfrage für das Magazin "Stern" sprachen sich nur noch knapp ein Viertel der Bayern (24 Prozent) dafür aus, dass Stoiber auch über 2008 hinaus regiert. Vor zwei Wochen wollte dies mit 32 Prozent noch fast jeder Dritte. Bei den CSU-Anhängern schwand der Rückhalt für Stoiber von 52 auf 32 Prozent. 64 Prozent fanden, er solle nicht erneut antreten. (APA)