Rumäniens Finanzminister S. Vladescu (li.) kam auf Einladung von Kommunalkredit-Chef R. Platzer zum Geldabholen nach Wien.

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Wien - Der rumänische Finanzminister Sebastian Vladescu war am Dienstag in Wien, um - bildlich gesprochen - frisches Geld für das Land, das am 1. Jänner der EU beigetreten ist, abzuholen. Und zwar von der (zur Volksbanken-Gruppe gehörenden) Kommunalkredit, mit deren Vorstandschef, Reinhard Platzer, der Minister einen Vertrag über 100 Mio. Euro unterschrieb. Sie fließen im Rahmen eines PPP-Projekts (Public Private Partnership) in die Finanzierung der Eisenbahnstrecke von Bukarest in die Hafenstadt Constanta.

Die auf die Finanzierung der öffentlichen Hand spezialisierte Kommunalkredit (Bilanzsumme 2006: rund 28 Mrd. Euro) hat seit Vorjahresbeginn 348 Mio. Euro an Rumänien verborgt, "wir sind der größte Financier des rumänischen Staates", sagt Bankchef Platzer zum STANDARD. Sein ambitioniertes Ziel für die Bank, an der die französische Dexia 49 Prozent hält: "In fünf Jahren wollen wir bei den öffentlichen Finanzierungen Marktführer in ganz Osteuropa sein."

Zehn Milliarden für die Bahn

Der rumänische Finanzminister sieht noch "sehr viel Investitions- und Finanzbedarf für die Infrastruktur" des Landes, das sich im Dezember 1989 vom Ceausescu-Regime befreit hatte. Man werde "sehr viele große Projekte" angehen, allein in den kommenden zehn Jahren rund zehn Milliarden Euro in den Eisenbahnbau stecken. "So schnell wie möglich" müsse man auch die Autobahnen ausbauen, derzeit gebe es erst 250 Kilometer von geplanten tausend. "Ich hoffe, wir schaffen das in den kommenden acht Jahren", sagt Vladescu im Gespräch mit dem STANDARD.

Daneben werde man allein heuer an die 1,7 Mrd. Euro für Bildung ausgeben, "das ist in etwa so viel wie in den vergangenen 25 Jahren zusammen". Umfangreich sind auch die Umweltprojekte, die die Rumänen in einem Siebenjahresprogramm angehen möchten; 5,7 Mrd. Euro der Kosten trägt der Staat, vier Mrd. Euro kommen laut Vladescu von der EU.

Rosen für Österreich

Mit österreichischen Investoren habe Rumänien "bereits sehr gute Erfahrungen gemacht", streut der Finanzminister Rosen an Unternehmen wie die OMV, die den rumänischen Petrom-Konzern gekauft hat, oder die Erste Bank, die die Großsparkasse BCR gekauft hat. "Die Erste Bank musste sehr viel zahlen, aber am Ende des Tages waren alle mit dem Deal glücklich", meint der Minister. Der rumänische Bankensektor werde "von österreichischen Instituten kontrolliert, allein die Erste hat via BCR 25 Prozent und Raiffeisen zehn Prozent vom Markt".

Für Investoren wie die Kommunalkredit ist Rumänien vor allem wegen seines "rapiden Wachstums ein Schlüsselmarkt" (Platzer): 2006 ist die Wirtschaft um 7,5 Prozent gewachsen, für heuer erwartet man ein Plus von immerhin 6,4 Prozent. Die Arbeitslosigkeit von fünf Prozent sei für das Land "kein Problem", im Gegenteil, es sei "sehr schwierig, in bestimmten Branchen wie etwa dem Bau qualifiziertes Personal zu finden", erklärt der rumänische Politiker.

Zweigeteiltes Land

Praktisch sei das Land "zweigeteilt: ins boomende Rumänien wie die Gegenden um Bukarest, Temesvar oder Constanta und in die armen, von der Landwirtschaft geprägten Gebiete". Insgesamt leben rund 40 Prozent der Rumänen in ländlichen Regionen, an die vier Millionen sind in der Landwirtschaft beschäftigt - aber nur rund sechs Millionen in anderen Wirtschaftsbereichen. Dieses Missverhältnis sei "das größte Problem, das unsere Wirtschaft in den nächsten zwanzig Jahren lösen muss", glaubt Vladescu.

Vom EU-Beitritt erwartet er "Stabilität und Entwicklung" - "zuvor müssen aber die Rumänen umdenken und nach der kommunistischen Ära lernen, dass sie für sich selbst arbeiten und für sich selbst verantwortlich sind". Wie lange das dauern werde? Vladescu: "Eine ganze Generation lang." (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.1.2007)