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Vor ein paar Wochen war die Welt noch in Ordnung. Man wusste wer gegen was ist, wer für welche Änderungen eintritt, welche Partei wie abstimmen wird. Die neue rot-schwarze Regierung hat offenbar für gehörige Verwirrung gesorgt - wer war nochmal gegen die Studiengebühren und wer dafür? Gestern wurde ein Entschließungsantrag der FPÖ auf "Abschaffung der allgemeinen Studiengebühren" im Nationalrat in einer namentlichen Abstimmung abgelehnt. SPÖ und ÖVP stimmten dagegen, Grüne und das LIF in Form von Alexander Zach gingen mit. So weit, so klar.

Allerdings beinhaltet der derStandard.at vorliegende Antrag im Bereich der Begründung recht interessante Details: Zwar ist im Entschließungsantrag selber und im Vorspann von der "Abschaffung der Studienbeiträge" die Rede, in den Erläuterungen sieht die Sache aber ganz anders aus. Die FPÖ breitet ihre Ideen über Universitätspolitik aus, die nicht gerade den grünen Idealen entsprechen: Universitäten sollen autonom über die Höhe der Studiengebühren im Rahmen einer bestimmten Bandbreite entscheiden können. "Bummelstudenten", Senioren und ausländische Studierende sollen einen erhöhten Beitrag zahlen, so der Antrag. Die Finanzierung von nur einer Ausbildung pro Student durch den Staat sei ausreichend. Außerdem solle die "Zwangsmitgliedschaft" in der "linksdominierten" ÖH abgeschafft werden. Der Entschließungsantrag selber ist allerdings kurz und bündig: "Der Nationalrat wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellst möglich eine Gesetzesnovelle zum Universitätsgesetz 2002 vorzulegen, die die Abschaffung der allgemeinen Studiengebühren ab dem Sommersemester 2007 vorsieht."

"Das ist der alte Wankelmut der Grünen in Sachen Studiengebühren", ärgert sich SP-Wissenschaftssprecher Josef Broukal. "Die wohlwollendste Interpretation wäre noch, dass die Grünen die Anträge nicht lesen, denen sie zustimmen", so Broukal im Gespräch mit derStandard.at. Er gehe aber nicht davon aus, dass die Zustimmung ein Irrtum war.

Der grüne Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald sieht die Sache naturgemäß anders. Das parlamentarische Protokoll sehe vor, dass nur über den Antrag selbst und nicht auch über dessen Begründung abgestimmt werde. Und dieser hätte nun einmal der auf die "Abschaffung der allgemeinen Studiengebühren" gelautet. Hätte man dem nicht zugestimmt, wäre man als Befürworter der Gebühren dagestanden. Grünewald gibt aber zu, dass die Optik eine eigenartige ist: "Es stimmt, so etwas sieht nie ganz fein aus". Selbstverständlich sei man mit den "teilweise infernalen" Begründungen der FPÖ nicht einverstanden.

Die FPÖ freut sich jedenfalls über den "Sinneswandel" der Grünen: "Wir hindern ja niemanden daran, klüger zu werden", so Pressesprecher Karl Heinz Grünsteidl. (Anita Zielina, derStandard.at, 17.1.2006)