Die Umweltsprecherin verwies darauf, dass die von Pröll noch vor einem Jahr behauptete Trendwende beim Klimaschutz nicht stattfinde. Österreich sei von diesem Ziel um "erschreckende" 31,1 Prozentpunkte entfernt. Angesichts der neuen Daten müssten bei der neuen Bundesregierung "alle Alarmglocken schrillen", so Lichtenecker. Zudem sei das Regierungsprogramm im Bereich Klimaschutz "äußerst schwach".
Abkommen "Schnee von gestern"
Eine radikale Trendwende forderte Global 2000: Durch Prölls Versäumnisse sei Österreich zum Klimaschutz-Schlusslicht geworden. Um den Minister schon beim Betreten seines Hauses an die globale Erwärmung zu erinnern, habe man die Hochwasserlatte angebracht: "Stoppen wir die globale Erwärmung, bevor uns das Wasser bis zum Hals steht", warnten die Aktivisten.
Greenpeace kritisierte den nunmehr "amtlichen" Bruch des Toronto-Klimaschutzzieles durch Österreich. Heute könne sich von den amtierenden Politikern kaum mehr jemand an das Toronto-Ziel erinnern, kritisierte Klimaexperte Erwin Mayer. "Wie lange wird es dauern, bis das nächste Klimaschutzziel - das Kyoto-Ziel - nur mehr Schnee von gestern ist, ohne dass relevante Klimaschutzmaßnahmen in Österreich stattgefunden hätten?"
Die Antwort der neuen Bundesregierung sei in erster Linie die Festlegung neuer, teils sehr ambitionierter Ziele im Koalitionsübereinkommen, so Mayer. Ziele alleine würden aber keine CO2-Emissionen reduzieren. Nötig sei vielmehr eine aufkommensneutrale CO2-Steuer inklusive einer Erhöhung der Dieselbesteuerung, um den Tanktourismus mit sieben Millionen Tonnen CO2 zu stoppen. Auch der zweite Nationale Allokationsplan (NAP II) für Industrie und E-Wirtschaft müsse um mindestens acht Millionen Tonnen CO2 reduziert werden, forderte.
Erbe der alten Regierung
SP-Umweltsprecher Krainer sieht die Verantwortung bei der vorigen Regierung: "Die Maßnahmen der letzten Bundesregierung waren völlig unzureichend, um eine Trendwende in der Klimapolitik einzuleiten", meinte er. Die leichte Verbesserung im Jahr 2004 sei ausschließlich auf die günstigen klimatischen Bedingungen zurückzuführen, so Krainer. "Aber genauso wie eine Schwalbe noch keinen Sommer macht, genauso wenig reicht ein milder Winter aus, um die Kyoto-Kriterien zu erfüllen", erklärte der SPÖ-Umweltsprecher. Mit dem "neuen Negativ-Rekord" bleibe Österreich nicht nur in der EU das Schlusslicht in Sachen Klimaschutz, sondern liege nun sogar hinter den USA. Daher sei es erforderlich, wie auch im Regierungsprogramm festgeschrieben, so rasch als möglich eine neue Klima-Strategie umzusetzen. Diese solle gleich weit über 2012 hinaus angelegt werden.
---> Die Treibhausgas-Bilanz: Zahlen und Fakten
Wie aus dem jüngsten Umweltbundesamt-Bericht zum Ausstoß von Treibhausgasen hervorgeht, lag Österreich 2005 bei 93,2 Millionen Tonnen. Laut der heimischen Kyoto-Verpflichtung dürfen im Durchrechnungszeitraum 2008 bis 2012 jedoch nur 67 Millionen Tonnen jährlich ausgestoßen werden.
Rein im Inland ist damit ein Zuwachs im Vergleich zu 2004 zu verzeichnen, mit Auslandsinvestitionen liegt man knapp darunter. "Wir haben nicht den Rückenwind, den wir brauchen", räumte Umweltminister Pröll bei der Präsentation der Zahlen am Mittwoch ein.
Straßenverkehr und Raumwärme
Die Klimastrategie soll nun erneut überarbeitet werden, um vor allem die Emissionen im Inland einzudämmen. Bisher wurden von Seiten des Bundes über "grüne Maßnahmen" im Ausland sieben Millionen Tonnen vereinbart, die zugekauft werden. Zieht man diese ab, bleiben immer noch 90,5 Mio. Tonnen übrig, womit man aber zumindest unter dem Wert von 2004 liegt, wo 91,1 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen wurden.
Die Differenz zum Kyoto-Ziel soll laut Pröll hauptsächlich durch Maßnahmen in Österreich kompensiert werden. Das "zentrale Sorgenkind überhaupt" sei hier der Verkehr, wo "dramatische Zahlen" erreicht worden seien. Hier sorgt sich der Minister vor allem um den Tanktourismus, der die Bilanz in diesem Sektor gravierend verschlechtert. Eine Pkw-Maut hält Pröll nach wie vor nicht für notwendig, weil dies auch am Tanktourismus nichts ändern würde. Allerdings werde er sich weiter auf EU-Ebene dafür stark machen, die zu Grunde liegende Berechnung zu ändern, um nicht die heimische Bilanz durch ausländische "Tanker" zu belasten.
Vergleichsweise gravierend ist auch der Zuwachs im Bereich "Raumwärme", wo 2005 ein Plus von rund einer Million Tonnen erreicht worden sei. (APA)