Longchair Antipodi

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"Pavo Real" für Driade

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Sessel Bloomy

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Teppich Prisma

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Bett Highlands

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In einem Porträt des Fernsehsenders Arte blickt die Kamera über Patricia Urquiolas Schulter. Es gibt ein Missverständnis, ein Stuhldetail wurde falsch entwickelt. Die sonst so gern lachende Patricia Urquiola wird nervös, die Kamera bleibt am Ball. "Ich hasse Zeichnungen, ich will keine Zeichnungen, weg mit den Zeichnungen! Ich brauche die Gegenstände in wahrer Größe vor mir, das war in der Architektur niemals möglich," so die Designerin. Das ist ein Grund, warum es die gebürtige Spanierin von der Architektur ins Industriedesign drängte. Patricia Urquiola, die sich eigentlich Urkiola schreiben sollte, studierte erst bei Großmeister Achille Castiglioni, arbeitete dann einige Jahre unter der Obhut des Möbelherstellers de Padova und des italienischen Formenkünstlers Vico Magistretti. Dann kam der Drang nach Selbstständigkeit und in nur fünf Jahren mauserte sich ihr Mailänder "Studio Urquiola" zu einer führenden Ideenwerkstätte. Heute gilt sie neben der Niederländerin Hella Jongerius als die bekannteste Industriedesignerin der Welt. Ihre Unterschrift ziert Entwürfe für B&B Italia, Moroso und Cappellini, für Alessi, Boffi und Kartell arbeitet sie ebenfalls.

Die Resultate sind sinnlich und sexy

"Meine Arbeit ist eine körperliche, keine geistige. Ich arbeite physisch, mache dreidimensionale Modelle und spüre das Äußere der Dinge. Ich denke mit den Händen", so Urquiola. Die Resultate sind sinnlich und sexy. Und sie sind unverwechselbar.

"Fjord" für Moroso zum Beispiel hat in jedem Fall das Zeug dazu, in die Designgeschichte einzugehen. Die asymmetrische Fauteuil-Schale in glattem Rot oder Schwarz - die weißen Steppnähte bleiben gut sichtbar - fängt den Besitzer wie ein Baseballhandschuh auf. Man kann darin sitzen, hocken oder hängen, dem Körper bietet der Stuhl ungeahnte Stellungen.

"Antibodi", ihr jüngster Moroso-Streich, kehrt der slicken Glätte wiederum den Rücken. Stattdessen lässt man sich in ein weiches Milieu von textilen Lappen fallen, die nach der Formung des Gestühls nun einmal übrig geblieben sind. Ironisch? Intelligent? Kreativ? "Bloß das nicht! Jeder Idiot kann kreativ sein. Das heißt aber noch lange nicht, dass das Produkt gut oder sinnvoll ist." Doch um den absoluten Sinn geht es der 45-Jährigen ohnehin nicht. "Die größte Rolle im Design spielen Emotionen", Rationalität sei bestenfalls ein schönes Werkzeug, um ans Ziel zu kommen: "Die meisten Entwürfe resultieren aus einer langweiligen Analyse. Sachlich und trocken gelangt man zu einem emotionellen und sinnlichen Entwurf. Dieser Weg gefällt mir übrigens besonders gut."

Romantisch und dennoch schlicht

Urquiola selbst beschreibt ihr Design trotz Blumendekors und anderen romantisch anmutenden Details als schlicht. Der T-Table für Kartell - aus Kunststoff, wie könnte es anders sein - erinnert an eine dünn tranchierte Scheibe eines mikroskopisch herangezoomten Gewächses. Zelle fügt sich an Zelle. Dazu passend: Die Deckenleuchte Caboche, diesmal für den Produzenten Foscarini aufs Papier skizziert. 189 Halbkugeln aus durchsichtigem Acryl säumen den Lampen-Donut und multiplizieren das Licht einer einfachen 200-Watt-Glühbirne ins Unermessliche.

Bisweilen ist die schlichte Absicht gar nicht mehr zu erkennen. Ihr tiefroter Stuhl "Smock" für Moroso ist an den Rändern drapiert wie das Kleid einer Flamenco-Tänzerin. Lediglich die zwei Bügel, die etwas blass in Gelb und Blau daherkommen, geben sich als Armstützen zu erkennen. "Ich gehe bei meinen Entwürfen immer von etwas aus, das mich persönlich beeindruckt hat", erklärte Patricia Urquiola damals vor der Kamera des Fernsehsenders, "das kann ein Exponat im Museum sein, das kann aber auch ein Alltagsgegenstand sein."

Nachtrag

Mögen Sie Flamenco? "Ich mag Spanien." Nur eines mag sie nicht: Dass ihr ursprünglich asturischer Name Urkiola unter Franco einer nationalen Offensive zum Opfer gefallen ist. "Drei Vokale hintereinander, wie sieht denn das aus!" (Wojciech Czaja/Der Standard/rondo/19/01/2007)