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Wien - Lehrstellenakquisiteure, Blum-Bonus, dramatische Appelle - im vergangenen Jahr drehten Regierung, AMS, Wirtschaftskammer und Gewerkschaft an vielen Knöpfen, um die Lehrstellenknappheit in den Griff zu bekommen. Ihr Erfolg damit ist überschaubar, wie aus der am Mittwoch veröffentlichten Lehrlingsstatistik der Wirtschaftskammer (WKÖ) hervorgeht: Im Jahr 2006 stieg die Zahl der Lehrlinge um nur 2,9 Prozent auf 125.961, etwa gleich stark wie im Jahr davor (+ 2,8 Prozent). Ein guter Teil der zusätzlichen Ausbildungsplätze entstand in "überbetrieblichen Ausbildungszentren". Die Wirtschaftskammer bezeichnete die für 2006 vorgelegten Zahlen aber als Erfolg.

Ende 2006 hat es in Österreich laut Statistik um etwa 3.600 Lehrlinge mehr gegeben als ein Jahr davor. Während des ganzen Jahres haben Regierung bzw. Arbeitsmarktservice (AMS) aber nach Angaben der Wirtschaftskammer 45 Mio. Euro an speziellen Förderungen ("Blum-Bonus") ausgeschüttet, um 12.000 Lehrstellen zu fördern. Voraussetzung für diesen Bonus war und ist, dass die Betriebe diese Ausbildungsplätze "zusätzlich" schaffen.

Finanziell schmackhaft machen

Mit der im Herbst 2005 erstmals ins Leben gerufenen Förderung sollte den Unternehmen mehr Ausbildungstätigkeit finanziell schmackhaft gemacht werden. Die Lehrplätze werden mit 400 Euro pro Monat im ersten Lehrjahr, 200 Euro im zweiten und 100 Euro im dritten Lehrjahr subventioniert. Der Bonus ist soeben im Regierungsübereinkommen um ein weiteres Jahr bis Mitte 2008 verlängert worden.

Besonders schwach entwickelte sich 2006 die Lehrlingsstatistik in der Industrie, wo trotz neuem Produktionsrekord die Zahl der Lehrlinge stagnierte (15.364). Der bei weitem größte Ausbildner blieb das Gewerbe, wo fast die Hälfte aller Ausbildungsstellen angesiedelt ist (60.372). Die Zahl der Lehrstellen in Gewerbe und Handwerk stieg um 1.100 Personen oder 1,9 Prozent. Im Handel fanden 19.005 junge Menschen eine Ausbildungsstelle (+ 2,8 Prozent).

Selbstständige Ausbildungseinrichtungen

Am stärksten stiegen die Lehrlingszahlen 2006 in den sogenannten selbstständigen Ausbildungseinrichtungen (+ 51,3 Prozent) sowie bei der integrativen Berufsausbildung, einem Spezialprogramm für lernschwache und behinderte Jugendliche. Branchenmäßig gut haben sich die Banken und Versicherungen (+ 11 Prozent) und die Informationsberufe (+ 8,2 Prozent mehr Lehrlinge) entwickelt.

Der stellvertretende Generalsekretär der Wirtschaftskammer, Reinhold Mitterlehner, wertete die Zahlen am Mittwochabend dennoch als Erfolg, der nur durch ein Bündel an Maßnahmen möglich geworden sei. Er sprach von einer "Dynamik, die klar zum Ausdruck bringt, dass die getroffenen Förderungmaßnahmen richtig sind."

Aufweichung des Kündigungsschutzes

Mitterlehner verteidigte die im Regierungsprogramm verankerte, u.a. von der Gewerkschaftsjugend kritisierte Aufweichung des Kündigungsschutzes für Lehrlinge: Es gehe bei dieser Bestimmung darum, bei den Betrieben "psychologische Hemmnisse" gegen die Einstellung von Lehrlingen abzubauen, sagte Mitterlehner in einem Hintergrundgespräch. Nach den neuen Bestimmungen können jeweils am Ende des ersten und zweiten Lehrjahres sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer das Lehrverhältnis bei einmonatiger Kündigungsfrist und nach einem Mediationsverfahren lösen. Bisher war eine gröbere Verfehlung Voraussetzung für die Kündigung eines Lehrlings. Mitterlehner ortete in 5.000 Unternehmen "weiteres (Ausbildungs)-Potenzial", wenn die Kündigung von Lehrlingen erleichtert wird. (APA)