Wien – Der Klimawandel lässt zum Teil drastische Auswirkungen auf den Wald in Österreich befürchten. Die von Klimatologen in Aussicht gestellte weitere Erhöhung der Durchschnittstemperaturen würde dazu führen, dass die Waldgrenze nach oben rückt, Bäume in tieferen Lagen aber zunehmend mit Schädlingen zu kämpfen hätten – allen voran mit Borkenkäfern – und einige Arten im Konkurrenzkampf unterliegen. Hauptbetroffen von der Schädlingsplage wären wie schon jetzt Fichten, mit einem Flächen-Anteil von mehr als 50 Prozent die häufigste Baumart in Österreich.

"Längerfristig gesehen wäre es möglich, dass die Fichte andere Baumarten in den Hochlagen verdrängt", sagte ao. Univ.-Prof. Dr. Manfred J. Lexer vom Institut für Waldbau der Universität für Bodenkultur in Wien. "Benachteiligt gegenüber der Fichte wäre zum Beispiel die für Gebirgslagen charakteristische Zirbe, die einen Anteil von 0,6 Prozent am österreichischen Wald hat", so der Institutsleiter. Aber auch die Fichte könnte in tieferen Lagen durch Trockenheit unter so großen physiologischen Stress geraten, dass Borkenkäfer den geschwächten Beständen den Rest geben.

Zuwanderung

Dafür könnten Arten zuwandern, die in Österreich bisher nicht heimisch waren. Das gilt sowohl für Pflanzenarten als auch für Schädlinge. "Derzeit kann man das schon an der Robinie beobachten, die sich von Ungarn aus in den relativ trockenen Gebieten Ostösterreichs ausbreitet", erklärte Lexer.

"Grundsätzlich ist zu bedenken, dass nicht nur klimatische Bedingungen, sondern auch die Bodenverhältnisse den Wald beeinflussen", betonte Lexer. Das bedeutet, dass die Baumgrenze durch höhere Temperaturen nicht sozusagen gleichmäßig nach oben rücken würde, sondern je nach Bodenbeschaffenheit in unterschiedlichem Ausmaß. Zusätzlich beeinflussen Bewirtschaftungsmaßnahmen die Vegetationsveränderung im Klimawandel.

Schwierige Prognose

Eine für Österreich einheitliche Prognose über die Auswirkungen klimatischer Veränderungen auf den Wald ist nicht möglich. "Entscheidend ist unter anderem auch die Wasserversorgung", sagte Lexer. "Und was uns Klimatologen und Meteorologen sagen, könnte die regionale Entwicklung der zukünftigen Niederschläge sehr unterschiedlich ausfallen. So könnte es tendenziell eventuell mehr Niederschläge im Norden und weniger im Südosten geben."

--> Simulationen möglicher Szenarien

Am Institut für Waldbau wurden zum Thema natürliche Baumartenzusammensetzung mögliche Szenarien auf einem simulierten Standort in den Hohen Tauern auf 1.500 Metern Seehöhe mit einem aktuellen Jahresmittel von 2,7 Grad untersucht. Demnach würde dort bei einer Temperaturerhöhung um vier Grad und bei 2,1 Prozent mehr Niederschlag die Biomasseproduktion deutlich ansteigen. Die Fichte wäre der große Gewinner. Ihr Anteil würde von derzeit 99 Tonnen pro Hektar auf 131 Tonnen zunehmen. Die Zirbe wäre verschwunden, der Lärchenbestand reduziert. Dafür gäbe es – neu an diesem Standort – Buchen, und zwar mit einer Biomasse von 34 Tonnen pro Hektar.

Ganz anders sähe die Situation an einem ebenfalls simulierten Standort auf 670 Metern Seehöhe bei einer angenommenen Erhöhung des derzeitigen Jahresmittels von 7,6 Grad um 4,3 Grad und 4,1 Prozent weniger Niederschlag aus: Fichten, Lärchen und Bergahorn wären weg, die Biomasse von Tannen würde sich ungefähr auf ein Viertel reduzieren. Den Platz der Fichten würden vor allem Buchen einnehmen. Derzeit an dem Standort nicht vorhandene Stiel- und Traubeneichen sowie Hainbuchen würden sich in dem wärmeren Klima mit trockeneren Böden wohl fühlen.

Zweierlei würde der an sich recht robusten Fichte den Garaus machen: Erstens die Trockenheit – weniger Niederschläge plus wärmebedingt größere Verdunstung -, die den Baum in "physiologischen Stress" versetzt, wie Lexer erklärte. Die derart belasteten Exemplare wären dann ein gefundenes Fressen für auf Fichte spezialisierte Borkenkäferarten, rund 120 Arten in unseren Breiten.

Die Forstschädlinge legen im Bast unter der Borke "Liebesnester" an: Nach der Begattung legen die Weibchen meist zwei oder drei bis zu 15 Zentimeter lange Muttergänge an, in denen sie in Nischen auf beiden Seiten bis zu 100 Eier ablegen. Aus diesen entwickeln sich Larven, die eigene Gänge anlegen, sich vom lebenden Bast ernähren und damit die "Lebensader" der Fichten zerstören, als Jungkäfer schlüpfen und sich dann aus der Rinde ausbohren. (APA)