München/Berlin - Nach dem angekündigten Rückzug von Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) aus allen Ämtern haben SPD und Grüne in Bayern den sofortigen Rücktritt und Neuwahlen gefordert. Eine neunmonatige Hängepartie ohne personellen Neubeginn sei ein Schaden für Bayern, sagte SPD-Landtagsfraktionschef Franz Maget in München. Die bayerische Grünen-Spitze erklärte, Stoiber müsse Bayern "weitere lähmende Monate der Untätigkeit" ersparen. Stoiber will das Amt des Regierungschefs im Freistaat am 30. September abgeben und auf dem Parteitag im Herbst auch nicht mehr für den CSU-Vorsitz kandidieren.

Maget sagte: "Der angekündigte Rücktritt reicht nicht aus, um die Krise der Regierung Stoiber zu beenden. Stattdessen führt sie zu weiteren Personaldebatten." Die Entscheidung über die politische Zukunft Bayerns sollte den Bürgern ermöglicht werden und nicht allein einer Partei. Maget warnte vor Schaden für die Demokratie. "Dass sich die Regierungspartei wochenlang nur mit sich selbst beschäftigt, ist katastrophal für das Land und die Politik." Das Tandem von Innenminister Günther Beckstein als neuer Regierungschef und Wirtschaftsminister Erwin Huber als CSU-Chef sei kein Neuanfang. "Sie stehen für das System Stoiber und die Politik Stoibers."

Antrag angekündigt

Die Fraktionen von SPD und Grünen wollen am 30. Jänner im Landtag einen Antrag auf Rücktritt Stoibers stellen. Ob sie auch an ihrem Vorhaben festhalten, über einen Volksentscheid die Auflösung des Landtags und Neuwahlen zu erreichen, ist jetzt wieder offen. Bei der SPD wollen darüber das Präsidium und der Fraktionsvorstand am Freitag beraten.

SPD-Landeschef Ludwig Stiegler meinte, die CSU habe kein Recht, ohne Neuwahlen einen neuen Ministerpräsidenten zu bestimmen. Die SPD werde alle Anstrengungen unternehmen, um den Bürgern die Chance zu geben, um über die Zukunft Bayerns zu entscheiden. Zum Rücktritt Stoibers sagte Stiegler weiter: "Die Wolfsrudel in der CSU haben es geschafft: Der Leitwolf gibt blutend auf".

In einer gemeinsamen Erklärung der Partei- und Fraktionsspitze der bayerischen Grünen heißt es: "Aus der Personalkrise um Stoiber ist längst eine Krise der gesamten Staatsregierung geworden." Der sauberste Weg aus der Krise seien Neuwahlen. Der Rückzug Stoibers sei längst überfällig gewesen. Er habe trotz des massiven Vertrauensverlustes bis zum Schluss verbissen an seinen Ämtern festgehalten, niemand in der CSU-Führungsriege habe den Mut gehabt, ihn rechtzeitig zum Rückzug zu bewegen, hieß es.

Der Rücktritt Stoibers wird nach Ansicht des Landesvorsitzenden der konservativen Umweltpartei ödp, Bernhard Suttner, nichts verändern. "Das Problem ist nicht die eine oder andere Personalie, sondern die grundsätzliche Ausrichtung der Politik, die leider auch von Stoibers Nachfolgern vertreten werden wird: Die Abhängigkeit von einem einseitig ökonomisch und großindustriell geprägten Lebens- und Fortschrittsmodell", sagte Suttner.

Merkel zollt Stoiber Respekt

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dem scheidenden bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber Respekt gezollt. Merkel sagte am Donnerstagabend in Berlin, sie respektiere die Entscheidung von Stoiber, der Bayern nachhaltig geprägt habe. "Das, was er mit Laptop und Lederhose auf die Reihe gebracht hat, hat Bayern zu dem führenden Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland gemacht."

Sie sei sich sicher, dass Stoiber auch weiter seinen Beitrag dazu leisten werde, dass die CSU eine starke Kraft in Bayern bleibe. "Das werde ich nach Kräften unterstützen, weil ich sehr gerne mit Edmund Stoiber zusammengearbeitet habe und das auch weiter tun werde", sagte die CDU-Vorsitzende. (APA/dpa/Reuters)