Linz/Salzburg/St. Pölten/Wien - Der Orkan Kyrill hat in Österreich in der Nacht auf Freitag besonders in den Bundesländern Ober- und Niederösterreich schwere Schäden angerichtet. In Oberösterreich wurden laut Landesfeuerwehrkommando mehr als 100 Häuser abgedeckt. Laut "Ö3" gab es zwei Schwerverletzte. Die Oberösterreichische Versicherung ging in einer ersten Schätzung für ihr Unternehmen von rund 20.000 Fällen mit einer Schadenssumme von insgesamt 27 Mio. Euro aus. In St. Pölten zog der Sturm eine "Spur der Verwüstung" hinter sich: Entwurzelte Bäume, umgestürzte Plakatwände, geknickte Masten, Schäden an Dächern und Fassaden, großflächige Stromausfälle, mehrere evakuierte Häuser. In Niederösterreich sind bis 11.00 Uhr etwa 50 Schadensmeldungen mit einer Summe von jeweils 50.000 Euro bei der Niederösterreichischen Versicherung eingegangen.

Tausende Haushalte ohne Strom

Bäume fielen auch auf Stromleitungen, wodurch zigtausende Haushalte ohne Strom blieben. Etwa 100.000 Haushalte waren allein in Oberösterreich betroffen, hieß es. Im gesamten nördlichen Flachgau gab es laut dem Salzburger Referat für Katastrophenschutz einen Stromausfall. Am Salzburger Hauptbahnhof saßen rund 200 Passagiere fest, die nicht nach Deutschland weiterreisen konnten. Sie mussten die Nacht im Zug verbringen und wurden von der ÖBB und dem Roten Kreuz betreut, wie ein Sprecher mitteilte. Das Dach eines Bahnsteigs am Salzburger Hauptbahnhof fiel darüber hinaus auf das Gleis.

Windspitzen von 140 km/h

Mit Spitzengeschwindigkeiten bis 140 km/h ist in der Nacht auf Freitag der Orkan Kyrill auch über Niederösterreich hinweggefegt. Der schwere Sturm hat einiges an Schäden hinterlassen. Besonders betroffen waren das Waldviertel und der Zentralraum, wo auch bis zu 20.000 Haushalte ohne Strom waren. Meldungen über Verletzte gab es nicht.

"Besonders heftig wütete der Orkan in den Bezirken St. Pölten und Krems, wo Katastrophenalarm ausgelöste werden musste", berichtete Landesfeuerwehrkommandant Josef Buchta. Nach seinen Angaben standen in Niederösterreich 400 Feuerwehren mit 5.000 Mann im Sturm-Einsatz.

Entwurzelte Bäume, umgestürzte Plakatwände, geknickte Masten, Schäden an Dächern und Fassaden, Stromausfälle, zahlreiche abgedeckte und mehrere evakuierte Häuser. Von etwa 0.30 bis 2.00 Uhr hatte der Orkan seine größte Stärke im Land erreicht. Die Feuerwehren seien "ständig unterwegs" gewesen, um wichtige Verkehrsverbindungen freizumachen, Objekte zu sichern und durch abgerissene Hochspannungsleitungen ausgelöste Waldbrände zu löschen, so Buchta.

Gymnasium abgedeckt

Zahlreiche Objekte wurden insbesondere in den Bezirken Tulln, St. Pölten und Krems von Kyrill abgedeckt. Dazu zählten nach Feuerwehrangaben etwa vier Gebäude einer Reihenhaussiedlung in Krems, aber auch das Gymnasium in Zwettl. Zwei Einfamilienhäuser in Bad Deutsch Altenburg (Bezirk Bruck a.d. Leitha) waren ebenfalls betroffen.

Bis zu 20.000 Haushalte ohne Strom

An der Messstation Leiser Berge im Weinviertel erreichte der Orkan Spitzengeschwindigkeiten bis zu 140 km/h. "Trotz dieser enormen Stärke mussten wir bisher keine verletzten Personen verzeichnen", merkte Buchta in den frühen Morgenstunden an.

Nach Angaben der EVN waren im Laufe der Nacht bis zu 20.000 Haushalte ohne Strom. Vor allem in waldreichen Gebieten hatten laut Stefan Zach, Pressesprecher des Energieversorgers, Bäume in Leitungen für Beschädigungen gesorgt. Durch Dauereinsätze des Störungsdienstes sei die Zahl der Betroffenen auf vorerst 12.000 gesenkt worden. Die betroffenen Gebiete lagen bzw. liegen Zach zufolge insbesondere im Waldviertel und im Zentralraum.

"Der Höhepunkt des Sturmes dürfte mittlerweile überschritten sein", teilte die Feuerwehr mit. Es seien jedoch weiterhin Windgeschwindigkeiten bis 100 km/h zu erwarten. Umgestürzte Bäume blockierten den Verkehr auf mehreren Bundes- und Landesstraßen. Das ließ im Frühverkehr einiges an Problemen erwarten. Auch die ÖBB meldeten Behinderungen auf Hauptverkehrsrouten.

Mit Spitzen von 129,4 km/h hat sich der Orkan über St. Pölten ausgetobt. Gegen 2.00 Uhr "war die Hölle los", so die Schilderung aus der Feuerwehrfunkzentrale. Allein in der Landeshauptstadt standen 15 Feuerwehren im Sturm-Einsatz. 60 Akut-Fälle seien auf einmal zu bewältigen gewesen. Die Gesamtzahl liege sicher um einiges höher, bilanzierte StR Franz Gunacker (S), Leiter des Städtischen Wirtschaftshofes. "Viele Schäden wurden noch nicht gemeldet. Da kommt noch einiges rein, aus Parkanlagen, Kleingartensiedlungen und von Innenstadthäusern, die nachts unbewohnt sind".

"Aufatmen"

Erst gegen 4.00 Uhr gab es in St. Pölten so etwas wie Aufatmen. "Die Windstärke sank da rapid auf 58 km/h ab", berichtete der Magistrat. Die Alarmierung blieb dennoch aufrecht, der Krisenstab besetzt.

Mehr als 50 Einsätze waren auch in mehreren Gemeinden im Bezirk Mödling zu bewältigen. 15 Feuerwehren mit etwa 300 Mann standen im Einsatz. Südlich von Wien hatte der Sturm ab Mitternacht mit Spitzen bis 120 km/h getobt. "Im Gegensatz zu anderen Regionen Niederösterreichs sind wir dennoch mit einem blauen Auge davongekommen", zog Bezirksfeuerwehrkommandant Franz Koternetz eine vorsichtige erste Bilanz.

Zwei Schwerverletzte in Oberösterreich

In Oberösterreich gab es laut ORF-Radio hingegen zwei Schwerverletzte. Ein Baum fiel im Bezirk Braunau auf ein fahrendes Auto, beide Insassen mussten ins Spital gebracht werden. Bei der oberösterreichischen Feuerwehr gingen rund um Mitternacht 10.000 Notrufe ein. "Kein einziger Bezirk ist ohne Schaden geblieben", sagte der Sprecher des Landesfeuerwehrkommandos. 176 Feuerwehren waren im Einsatz. Auf Stromleitungen gefallene Bäume verursachten teilweise Brände. Auch Wälder standen in Flammen. In Nettingsdorf sei eine Schule abgedeckt worden.

Zahlreiche Verkehrsverbindungen

In Salzburg hatte die Feuerwehr rund 150 Einsätze. Auch hier gab es Bäume, die auf Häuser, Autos und Garagen fielen. Und Häuser wurden abgedeckt. In Wien waren besonders die Bezirke Brigittenau, Floridsdorf und Donaustadt betroffen, die Schäden allerdings gering. Glimpflich zog der Sturm auch an Vorarlberg und der Steiermark vorüber.

Österreichweit waren zahlreiche Verkehrsverbindungen unterbrochen. Die A1 West-Autobahn war laut ÖAMTC Richtung Salzburg zwischen Mondsee und Thalgau sowie beim Knoten Haid und Knoten Voralpenkreuz gesperrt. Mehrere Grenzübergänge nach Tschechien waren unpassierbar, unter ihnen war auch Wullowitz für den Lkw-Verkehr blockiert. Zahlreiche kleinere Bahnverbindungen waren wegen umgestürzter Bäume unterbrochen. Auch zwischen Steindorf bei Straßwalchen und Golling verkehrte kein Zug. Verspätungen und Staus im Frühverkehr wurden am Freitag in der Früh befürchtet. (APA)