Wien - Die beiden Gründer des insolventen Wiener Wertpapierdienstleisters AMIS, Dietmar Böhmer und Harald Loidl, haben sich am Freitag vor dem parlamentarischen Banken-Untersuchungsausschuss ihrer Aussage entschlagen. Die Fragen der Abgeordneten wurden von Böhmer und Loidl unter Verweis auf die gegen sie durchgeführten gerichtlichen Ermittlungen nicht beantwortet, der Auftritt der beiden Ex-Manager, die seit über einem Jahr in Haft sind, geriet entsprechend kurz.

Vorwurf des gewerbsmäßigen Betrugs

Böhmer und Loidl - für beide gilt die Unschuldsvermutung - wird gewerbsmäßiger Betrug bei AMIS vorgeworfen, im Zuge dessen rund 16.000 Anleger - davon 10.000 in Österreich - etwa 70 Millionen Euro verloren haben.

Zur Befragung am Freitag wurde zuerste Böhmer in Begleitung einer Vertrauensperson in den Saal geleitet. Bei einer Fragerunde quer durch die Fraktionen beantwortete er keine der Fragen. Der SP-Fraktionsführer Kai Jan Krainer und der Grüne Werner Kogler versuchten, Böhmer auf die Rolle der Finanzmarktaufsicht im AMIS-Skandal anzusprechen, dieser gab sich aber zugeknöpft. Nach rund 15 Minuten war der Auftritt des U-Häftlings vor dem U-Ausschuss beendet. Der Ausschussvorsitzende Martin Graf wünschte dem angeschlagen wirkenden Böhmer zum Abschluss noch "Alles Gute".

"Bitte um Verständnis"

Bei der Befragung von Loidl wiederholte sich das Bild. "Ich werde vor der Hauptverhandlung keine Aussage tätigen, ich bin bereit nach der Hauptverhandlung Rede und Antwort zu stehen. Ich bitte jetzt um Verständnis", sagte Loidl, der ebenfalls von einer Vertrauensperson begleitet wurde. Der VP-Fraktionsführer Günter Stummvoll versuchte es trotzdem und sprach den ehemaligen AMIS-Vorstand darauf an, dass er vielleicht nicht alleine verantwortlich sei und hier die Chance habe, über die Rolle anderer in der AMIS-Affäre zu reden. "Ich kann mir nicht ganz vorstellen, dass sie die einzigen sind, die das zu verantworten haben", meinte Stummvoll. Doch Loidl blieb weiter schweigsam.

Beide Angeklagte zeigten sich zunächst äußerst fotoscheu. Nach einigem Hin und Her konnten dann aber beide außerhalb des Sitzungssaals fotografiert und gefilmt werden.

Fehlendes Gutachten "Skandal"

Die Befragung des AMIS-Gutachters Gottwald Kranebitter gestaltete sich im Anschluss eher kurz. Der vom Gericht mit der Untersuchung der Insolvenz beauftragte Kranebitter hatte im Herbst ein Gutachten erstellt und darin unter anderem festgehalten, dass die AMIS bereits im Jahr 2000 Insolvenz hätte anmelden müssen - lange bevor sie 2005 wirklich in Konkurs ging. Da dieses Gutachten dem Ausschuss aber nicht vorliegt, wurde bis zum Erhalt des Gutachtens die Befragung von Kranebitter unterbrochen.

Das entsprechende Gutachten war dem U-Ausschuss von den Behörden nicht übermittelt worden. Für den Ausschussvorsitzenden Martin Graf (FPÖ) ist das Fehlen des Gutachtens, das ja Teil des Gerichtsakts sei, ein "Skandal". Der Ausschuss wird sich nun an das Landesgericht für Strafsachen in Wien wenden, um das Gutachten offiziell zu erhalten. "Ich bin nicht Herr der Gutachten, Herrin der Gutachten ist die Untersuchungsrichterin", stellte Kranebitter fest. Wenn er als Gutachter Details daraus kundtue, widerspreche das dem Grundsatz des fairen Verfahrens im AMIS-Prozess.

Auch Bruno Rossmann, Grünes Mitglied im U-Ausschuss, kritisierte, dass dem Ausschuss wichtige Akten nicht übermittelt worden seien. Bedenken, dass das von ihm erstellte Gutachten zur AMIS-Insolvenz "auf unvollständigen Daten-Grundlagen beruht, konnten bislang nicht ausgeräumt werden", so Rossmann in einer Aussendung.

"Eigentlich schon 2000 insolvent"

Kranebitter gab dann allerdings doch noch einige Antworten. Nach Prüfung der ihm vorgelegenen Unterlagen des Unternehmens ab dem Jahr 2000 habe er festgestellt, dass die AMIS eigentlich schon im Jahr 2000 insolvent gewesen sei. Tatsächlich wurde über die Firma aber erst im Jahr 2005 der Konkurs eröffnet, nachdem die Luxemburger Finanzaufsicht AMIS-Fonds gesperrt hatte.

"Hätte man gewusst, wonach man sucht, hätte man es leichter gefunden", meinte Kranebitter. Auch die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Finanzmarktbehörden habe offenbar nicht optimal funktioniert, ließ er durchklingen. "Hätte es eine Stelle gegeben, die eine Gesamtsicht gehabt hätte, dann wäre die Malversation viel schwieriger möglich gewesen. Hier haben aber alle Stellen getrennt agiert".

Bei AMIS wurden in Österreich und anderen Ländern an Kunden Anlageprodukte vermittelt, die bei einer Depotbank in Luxemburg verwaltet wurden. Hätte jemand den Vermögensstand der Fonds und die Situation der österreichischen Gesellschaft überprüft, hätte er Fehlbestände erkennen können, erläuterte Kranebitter. Das sei aber nicht nicht der Fall gewesen. Geschädigte Anleger werfen der Finanzmarktaufsicht (FMA) vor, sie habe auf Warnsignale in der Causa aus Luxemburg nicht bzw. zu spät reagiert. Die FMA weist alle Vorwürfe zurück. (APA/red)