Die Nachrichtenagentur Reuters hat nach der Veröffentlichung digital manipulierter Libanon-Fotos die Vorschriften für den eigenen Fotodienst verschärft. Zudem besetzte Reuters die Position des Chef-Fotografen im Nahen Osten neu. Die beiden Schritte zählen zu einem Maßnahmenbündel, das die Agentur nach einer internen Untersuchung erlassen hat. Es seien auch eine Reihe disziplinarischer Konsequenzen gezogen worden, sagte Chefredakteur David Schlesinger am Donnerstag.

Zusammenarbeit beendet

So wurde die Zusammenarbeit mit dem freien Fotografen Adnan Hajj beendet. Der Libanese hatte im vergangenen August Reuters zwei Aufnahmen angeboten, die zuvor technisch verändert worden waren. Die Agentur nahm die beiden Fotos in ihre Datenbank auf, ohne zu wissen, dass sie manipuliert waren. Kurz nach der Veröffentlichung wurde jedoch in Web-Blogs vermutet, dass es sich um mit der Software Photoshop veränderte Fotos handeln könnte. Eine Überprüfung ergab, dass bei einer Aufnahme, die dicke Rauchschwaden über der libanesischen Hauptstadt Beirut nach einem israelischen Luftangriff zeigte, nachträglich zusätzlicher Rauch eingefügt worden war. Ein zweites Foto von Hajj zeigte einen israelischen F-16-Kampfjet über einer Ortschaft im Südlibanon. Die Zahl der abgeschossenen Leuchtraketen auf dem Bild wurde von ursprünglich einer auf drei erhöht. Hajj hatte 1993 begonnen, als freier Fotograf für Reuters zu arbeiten. Sein Spezialgebiet war Sport. Er hat den Vorwurf der absichtlichen Manipulation zurückgewiesen.

Tausende Aufnahmen werden überprüft

Reuters entfernte daraufhin alle Fotos von Hajj aus der Datenbank. Erfahrene Fotoredakteure überprüften zudem tausende Aufnahmen, die während des Libanon-Konflikts im vergangenen Sommer entstanden, wie Schlesinger sagte. Das Ergebnis: Keine weiteren Aufnahmen wurden demnach digital verändert. Ein bedauerlicher menschlicher Fehler habe zu der unachtsamen Veröffentlichung der beiden manipulierten Fotos geführt. "Auf Seiten von Reuters gab es absolut keine Absicht, die Öffentlichkeit zu täuschen."

Die Vorschriften für den redaktionellen Umgang mit Fotos seien verschärft worden seien. So sei sichergestellt, dass sensible Aufnahmen nur noch von leitenden Redakteuren abgenommen würden, so Schlesinger. Außerdem habe Reuters mehr in die Ausbildung seiner Mitarbeiter investiert und in seinen Verhaltenscodex strengere Vorschriften für seine Fotografen aufgenommen.

Stephen Crisp neuer Chef-Fotograf

Neuer Chef-Fotograf im Nahen Osten ist Stephen Crisp, ein Brite, der seit 1985 für Reuters eine Reihe von leitenden Positionen innehatte. Er hat seinen neuen Posten in Dubai bereits angetreten. Crisps Vorgänger sei im Zuge der Untersuchung der Affäre wegen seines Umgangs mit dem Vorfall entlassen worden. "Wir haben gezeigt, dass wir die Verantwortung übernehmen und Veränderungen vornehmen, wenn Fehler gemacht werden", sagte Schlesinger. (APA)