Washington - Sondergerichte des US-Militärs gegen
"illegale feindliche Kämpfer" im Gefangenenlager Guantanamo sollen
auch Informationen vom Hörensagen und unter Zwang gemachte Aussagen
heranziehen können. Voraussetzung dafür ist, dass der Richter die
Aussagen für glaubhaft hält, wie ein am Donnerstag von
US-Verteidigungsminister Robert Gates herausgegebenes Handbuch
vorsieht. Verteidiger erhalten nach diesen Vorgaben zwar Einblick in
Zusammenfassungen von geheimen Informationen, diese dürfen aber nur
nur nach Zustimmung der Behörden als Beweismittel in das Verfahren
eingebracht werden. Gates legte das Handbuch am Donnerstag dem
Kongress in Washington vor.
Die Anklage muss nach Angaben des Pentagon-Rechtsberaters Dan
Dell'Orto die Elemente ihrer Beschuldigungen vorab der Verteidigung
mitteilen. Angeklagte würden solange als unschuldig gelten, bis deren
Schuld bewiesen sei, sagte Dell'Orto. Gates schrieb in einem Vorwort,
mit dem Handbuch sollten den Angeklagten alle juristischen Garantien
zugesichert werden, "die von der zivilisierten Welt als unverzichtbar
betrachtet werden". Das Regelwerk werde einen historischen Einfluss
auf die Armee und das Land haben, schrieb der Minister.
Mit Hilfe des Handbuchs solle ein System entwickelt werden, das
den Verpflichtungen der USA aus der Genfer Konvention gerecht werde
und für ein faires Verfahren sorge, sagte General Thomas Hemmingway,
der das Dossier im Verteidigungsministerium betreut. Die ersten
Prozesse vor den Sondertribunalen könnten laut Hemmingway frühestens
im April beginnen.
Das Handbuch dient der Umsetzung eines im vergangenen Herbst
erlassenenen umstrittenen Gesetzes über das juristische Vorgehen
gegen Terrorverdächtige vor speziellen Militärtribunalen im
Gefangenenlager Guantanamo. Dort sind derzeit noch knapp 400 Menschen
inhaftiert. US-Präsident George W. Bush hatte das Gesetz in einem
zweiten Anlauf durchgesetzt, nachdem das Oberste Gericht zuvor Pläne
für die Aburteilung von Terrorverdächtigen vor Sondertribunalen für
rechtswidrig erklärt hatte. (APA)