Tulln/St. Pölten - "Der Sturm ist überstanden." Das Aufatmen in der Landeswarnzentrale (LWZ) in Tulln war am Freitag in der Früh deutlich hörbar. Nach dem Orkan, der mit Spitzen bis 140 km/h auch über Niederösterreich hinweggefegt war, gibt es aber eine Vielzahl von Schäden, deren Höhe vorerst nicht feststand. Betroffen waren vor allem der Zentralraum und das Waldviertel.

Zahlreiche Verkehrsbehinderungen

In einem Überblick der LWZ war u.a. von 50 bis 70 schwerer beschädigten Objekten im Land die Rede. So wurden Dächer in St. Pölten, Krems, Dürnstein (Bezirk Krems), Zwettl, Kapelln (Bezirk St. Pölten), in Tulln, Bad Deutsch Altenburg (Bezirk Bruck a.d. Leitha), Enzersdorf im Thale und Peigarten (Bezirk Hollabrunn) abgetragen. Dazu kamen zahlreiche Behinderungen auf bzw. Sperren von Bundes- und Landesstraßen. Der ÖAMTC sprach von elf Bundes-, weit mehr als 50 Landes- sowie zahlreichen kleineren Straßen, die zumeist wegen umgestürzter Bäume vorübergehend nicht passierbar waren.

"Voraussichtlich bis Mittag", so Johann Rankl, ÖBB-Sprecher in Niederösterreich, sollte die Mariazeller Bahn gesperrt bleiben. Ein Schienenersatzverkehr mit Autobussen war nach seinen Angaben wegen Behinderungen auch auf der Straße nur teilweise möglich. Jeweils bis etwa 18.00 Uhr und damit bis zum Abend wurde als Dauer der Sperre von zwei Abschnitten der Franz Josefs-Bahn angegeben: Allentsteig - Schwarzenau und Vitis - Pürbach - Schrems. Es bestand eine Schienenersatzverkehr. Noch im Laufe des Vormittags sollten die Verbindungen Horn - Sigmundsherberg und Waidhofen a.d. Ybbs - Klein-Reifling wieder frei werden.

"Alle verfügbaren Kräfte sind zur Behebung der Schäden im Einsatz. Es wird mit Hochdruck gearbeitet", sagte Rankl. Beeinträchtigungen, aber keine Unterbrechungen, gebe es nach dem Sturm auch im übrigen Streckennetz in Niederösterreich. Der ÖAMTC berichtete u.a. von Sperren auf folgenden Straßen: B5 (Heidenreichstein - Grenzübergang Grametten), B25 (Ybbs - Wieselburg), B28 (Winterbach bis zur B20), B30 (Eggern - Heidenreichstein), B32 bei Jaidhof, B36 (Ottenschlag - Ybbs-Persenbeug), B38 (Langschlag bis zur Landesgrenze Oberösterreich), B42 (Gmünd - Weitra und in Gmünd selbst), B45 (Sigmundsherberg - Pulkau), B122 (Weißbach - Behamberg) und B124 (Arbesbach - Purrath). Umgestürzte Bäume sorgten in den Nachtstunden auch für Behinderungen auf bzw. eine vorübergehende Sperre der S33 im Abschnitt Krems - Hollenburg bzw. Krems - Traismauer Nord.

Katastrophenalarm aufgehoben

Der Katastrophenalarm im Großraum St. Pölten wurde in der Früh aufgehoben, so die LWZ. Der Spitzenwert des Sturms in Niederösterreich wurde in den Leiser Bergen im Weinviertel mit 140 km/h gemessen. Knapp dahinter lag der Flughafen Wien, wo es 137 km/h waren.

Laut LWZ hatten alle niederösterreichischen Bezirke Sturm-Einsätze zu verzeichnen. 400 Feuerwehren rückten mit 5.000 Mann und 600 Kfz aus. Die Helfer waren vor allem mit dem Freimachen von Verkehrswegen, mit Sicherungs- und Reparaturarbeiten beschäftigt. Sie hatten außerdem Wald- und Flurbrände zu löschen, die durch gerissene Stromleitungen entstanden waren.

Schäden in den Bezirken im Überblick >>>

  • Ebreichsdorf (Bezirk Baden): Der Stamm einer etwa 20 Meter hohen Pappel war gebrochen und über eine Straße auf ein Grundstück gestürzt. Der Baum traf dabei auch ein Haus, das im Bereich des Daches und der Fassade beschädigt wurde.

  • Kirchberg am Wagram (Bezirk Tulln): Der Sturm trug Teile des Daches des Lagerhaussilos ab. Die Eternitplatten wurden über die Lagerhausstraße und den gesamten Vorplatz geschleudert.

  • Groß-Enzersdorf (Bezirk Gänserndorf): Mehrere umgestürzte Bäume mussten von den Feuerwehren von Fahrbahnen entfernt werden. Vom weggerissenen Blechdach einer Lagerhalle wurden neun im Hof geparkte Autos zum Teil schwer beschädigt. "Davon geflogen" ist auch das Dach eines Würstelstandes. Auf dem ehemaligen Uhrturm der Smola-Kaserne machten sich Dachziegel "selbstständig".

  • S 33 (Krems - St. Pölten): "Massenhaft umgestürzte Bäume" sorgten dafür, dass die hochrangige Straßenverbindung von 0.30 bis 2.00 Uhr in Richtung St. Pölten und von 0.49 bis 2.00 Uhr in Richtung Krems gesperrt werden musste.

  • Berndorf (Bezirk Baden): Während des Orkans war eine Stromleitung gerissen. Ein Waldstück neben der B212 geriet in Brand. Die Feuerwehr stand mit 70 Mann im Löscheinsatz. Nahe des Brandortes stürzten außerdem einige Bäume auf die B212.

  • Gallbrunn (Bezirk Bruck a.d. Leitha): Der vom Sturm umgeworfene Rauchfang eines Gasthauses durchschlug die Lichtkugel auf der Terrasse und stürzte ins Kaminstüberl, wo sich gegen 0.50 Uhr zum Glück keine Gäste mehr aufgehalten hatten. Der entstandene Sachschaden wurde als vermutlich "sehr hoch" bezeichnet.

  • Pressbaum (Bezirk Wien-Umgebung): Durch einen entwurzelten Baum wurden drei Kfz stark beschädigt. Ein weiterer, etwa 20 Meter hoher Baum drohte ebenfalls umzustürzen. Der Feuerwehr war wegen des Sturms eine sichere Schlägerung nicht möglich. Mehrere Bewohner angrenzender Objekte mussten aus diesem Grund ihre Häuser verlassen bzw. die Nacht aus Sicherheitsgründen in den Kellern verbringen.

  • Zwettl: Laut Landeswarnzentrale gab es Sturmschäden nicht nur am Gymnasium (Dach zu zwei Drittel weggerissen), sondern auch am Institut der Schulschwestern und am Feuerwehrhaus der Bezirksstadt. (APA)