Foto: Norbert Göbl/ www.zoovienna.at

Wenn Jugendliche ganz plötzlich den Wunsch entwickeln, in die Kakteenzucht einzusteigen, dann sollten die Eltern sicherheitshalber einen Blick auf die Pflanzung werfen. Einer der beliebtesten, weil vergleichsweise leicht zu beschaffenden halluzinogenen Wirkstoffe, Meskalin, kommt nämlich im Peyote-Kaktus vor und kann höchst simpel daraus gewonnen werden.

Zwar fällt Meskalin in Österreich unter das Betäubungsmittel- und Suchtmittelgesetz, die lebende Pflanze jedoch nicht, daher ist der stachellose Kaktus in vielen Blumen- und Samenfachgeschäften frei erhältlich. Es dauert allerdings Jahre, bis der langsam wachsende Peyote (Lophophora willamsii) groß genug ist, um als Droge verzehrt zu werden. Die Szene behilft sich daher mit einem Trick: Sie pfropft den Peyote auf einen San-Pedro-Kaktus auf, wodurch sich die Wachstumsgeschwindigkeit vervierfacht.

Der Peyote-Rausch ist keine Entdeckung der Neuzeit: Schon die Azteken schufen in Meskalin-Trance viele ihrer Kunstwerke und thematisierten diesen abgehobenen Zustand auch oft in ihren Figuren. Als die spanischen Eroberer nach Amerika kamen, verboten sie den Peyote-Gebrauch wegen der "teuflischen Durchtriebenheit" der Pflanze. Doch der Peyote-Kaktus hat bis heute nicht nur religiös-kulturelle Bedeutung in Mexiko und bei den meisten amerikanischen Ureinwohnerstämmen, sondern dient auch als Heilmittel für viele körperliche und geistige Leiden.

Modedroge

In Europa wurde der Peyote-Kaktus erst richtig bekannt, als es Ende des 19. Jahrhunderts gelang, Meskalin aus der Pflanze zu isolieren. Damals frei erhältlich, wurde Peyote schnell zur Modedroge in Künstlerkreisen. Der britische Schriftsteller Aldous Huxley schrieb darüber in seinem Buch Die Pforten der Wahrnehmung: "Jede Erfahrung mit Meskalin, jede in der Hypnose entstehende Vision ist einzigartig." In den 50er-Jahren kam mit LSD eine neue Droge auf den Markt, die das Meskalin verdrängte.

Heute sind der Peyote und die aus ihm gewonnenen, meist illegalen Substanzen, in der Szene unter den Namen "Devils Root", "Indian Dope", "Dry Whiskey", "Bad Seed" oder schlicht als "P" bekannt.

Die Anhänger der "Native American Church", die etwa 200.000 Mitglieder zählt, befürchten allerdings schon, ihre Zeremonien in Zukunft ohne das traditionelle Rauschmittel abhalten zu müssen, denn der Peyote-Kaktus wächst in Nordamerika nur in einem kleinen Streifen von Süd-Texas, den Peyote-Gärten, und im Norden Mexikos. Durch die zunehmende Kultivierung der wilden Peyote-Gärten sind die kleinen "Knöpfe", wie die Kakteen auch genannt werden, zur Rarität geworden.

Jene Peyote-Exemplare, die im Rahmen der Sonderausstellung "Von Buckelkaktus bis Teufelskralle – Highlights aus der Wüste" im Schönbrunner Wüstenhaus zu bewundern sind, stammen aus den Reservegärten der Bundesgärten. Weil sie in Glashäusern kultiviert wurden, haben sie aufgrund geringerer UV-Strahlung nur wenig Meskalin und daher keine halluzinogene Wirkung. (Marie-Thérèse Gudenus/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21. 1. 2007)