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Diese Bild aus der Überwachungskamera eines Geschäft soll den Mörder Hrant Dinks zeigen.

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Gedenken an Dink in Istanbul.

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Ein älterer Mann pinnt sich zum Zeichen der Trauer und des Gedenkens ein Foto des Mordopfers an die Jacke.

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Istanbul - Der Mord an dem türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink ist offenbar aufgeklärt. Ein 17-Jähriger gestand, Dink erschossen zu haben, weil dieser das türkische Volk beleidigt habe, wie der Sender CNN Türk am Sonntag berichtete. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zeigte sich zufrieden, dass der mutmaßliche Täter in so kurzer Zeit gefasst wurde.

Dink war am Freitag in Istanbul auf offener Straße vor dem Gebäude seiner Zeitung "Agos" erschossen worden. Der Journalist sah sich wegen seiner Äußerungen zu den Massakern an Armeniern während es Ersten Weltkriegs massiven Anfeindungen von Nationalisten, Politikern und Staatsanwälten ausgesetzt. Er musste sich deswegen auch wegen Beleidigung des Türkentums vor Gericht verantworten.

Angebliche Äußerungen als Auslöser

Dem Fernsehsender zufolge sagte der Tatverdächtige Ogün Samast aus, er habe Äußerungen von Dink im Internet gelesen und daraufhin beschlossen, ihn zu töten. Dink habe erklärt, "Ich komme aus der Türkei, aber das türkische Blut ist schmutzig". Der "Agos"-Chefredakteur galt als bekannteste Stimme der Armenier in der Türkei.

Der 17-jährige Arbeitslose war in Samsun am Schwarzen Meer festgenommen worden. Unklar war, ob er Verbindungen zu irgendeiner Organisation hatte. Den entscheidenden Hinweis bekam die Polizei vom Vater des Verdächtigen, der seinen Sohn auf einem Fahndungsfoto erkannte.

Die Polizei hatte ein Foto des mutmaßlichen Täters veröffentlicht, das von einer Überwachungskamera stammte. Auf dem Bild ist ein junger Mann mit gestutztem Bart und weißer Mütze zu sehen. Der Verdächtige stamme aus der Schwarzmeer-Stadt Trabzon, sagte der Istanbuler Gouverneur Muammer Güler. Er war offenbar auf dem Rückweg in seine Heimatstadt, als er gefasst wurde.

Attentäter kam ins Redaktionsbüro

Eine Sekretärin Dinks gab an, der Jugendliche sei ins Redaktionsbüro der türkisch-armenischen Zeitung "Agos" gekommen, habe sich als Student ausgegeben und um ein Treffen mit Dink gebeten. Dies sei abgelehnt worden. Danach sah die Sekretärin etwa eine Stunde vor dem Mord den Jugendlichen vor einer Bank stehen, wie der Istanbuler Gouverneur Muammer Güler mitteilte.

Nach der Festnahme in der Ortschaft Samsun wurde der Verdächtige mit dem Flugzeug nach Istanbul gebracht und weiter vernommen. Auch die vermutliche Tatwaffe wurde in Samsun sichergestellt. In Trabzon, dem Wohnort des Verdächtigen, wurden sechs weitere Personen festgenommen und nach Istanbul geflogen. Unter ihnen befindet sich auch Yasin Hayal, der Islamist sein soll und wegen eines Anschlags auf eine McDonald's-Filiale im Jahr 2004 verurteilt wurde. Der Onkel des Verdächtigen, Faik Samast, sagte dem privaten Fernsehsender NTV, sein Neffe sei benutzt worden. Er habe sich noch nicht einmal in Istanbul ausgekannt.

Erdogan verurteilte das Attentat scharf

Erdogan hofft nach eigenen Worten, dass die Folgen des Mordes an dem prominenten türkisch-armenischen Publizisten Hrant Dink jenen eine Lehre sein werden, die gegen Demokratie und Freiheit seien.

Nach Angaben der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi gab Erdogan am Sonntag seiner Hoffnung Ausdruck, dass "das Ergebnis dieses abscheulichen Anschlags eine Lektion für jene sein wird, die in der Türkei Unfrieden stiften wollen und die gegen die Entwicklung von Demokratie, Freiheit und Wohlstand Kugeln abfeuern".

Er sagte Medienberichten zufolge, es würden auch Verbindungen zu der Ermordung des katholischen Priesters Andrea Santoro im Februar 2006 in Trabzon geprüft. Wegen des Mordes an dem 61-jährigen Italiener war im Oktober ein 16-Jähriger inhaftiert worden.

Das tödliche Attentat dürfte die politischen Spannungen in der Türkei erhöhen, die einen Beitritt zur Europäischen Union anstrebt. Wegen der Einschränkung der Meinungsfreiheit und der Strafverfolgung von Intellektuellen, die sich zum Völkermord an den Armeniern geäußert haben, war Erdogans Regierung auch bei der EU in die Kritik geraten.

In Zeitungen wurde der Regierung vorgeworfen, Dink trotz zahlreicher Drohungen gegen ihn nicht ausreichend geschützt zu haben. Der vor den Wahlen im Mai und November zunehmende Rassismus und Nationalismus sei Triebfeder hinter dem Mord.

Das Massaker an Armeniern ist ein politisch hoch sensibles Thema in der Türkei. Die Türkei bestreitet, dass es sich bei den Tötungen um Völkermord handelte.

Wegen seiner Äußerungen dazu stand auch der spätere türkische Literatur-Nobelpreisgewinner Orhan Pamuk vor Gericht. Der Prozess wurde aber eingestellt. Dem Vorläufer der heutigen Türkei, dem Osmanischen Reich, wird systematischer Völkermord an 1,5 Millionen Armeniern zwischen 1915 und 1923 vorgeworfen. Die Türkei argumentiert dagegen, dass während des Zusammenbruch des Osmanischen Reiches viele christliche Armenier und muslimische Türken getötet wurden. (APA)