Soll man mit Vertretern des Regimes öffentlich über die iranische Atompolitik diskutieren oder nicht?

Diese Frage wurde anlässlich der "Zusammenarbeit" eines heimischen Instituts "mit der Botschaft der Islamischen Republik" - gleichzeitig mit der Holocaust-Konferenz in Teheran und einer Boykottaufruf-Tagung an der Science Po in Paris - nun auch bei uns virulent (der Standard, 8. und 18. 1. 2007). Wien war anders, Teheran näher als Paris, der Institutsleiter: "Das historische Ereignis Holocaust ist nicht diskutierbar (. . .) die Nuklearpolitik des Iran aber schon."

So weit, so simpel. Will oder kann man nicht verstehen: Politiker, deren Realitätssinn und Wahrheitsliebe sich am "historischen Ereignis Holocaust" zeigt, wie sie sich zeigt, die feindselig das "zionistische Gebilde" Israel "tilgen" wollen - mit Repräsentanten eines solchen Regimes trotzig ihre "friedliche" Atompolitik diskutieren anstatt sie zu boykottieren, das ist für alle, die die Erde nicht für flach und die Shoah oder 9/11 nicht für eine jüdische Weltverschwörung halten, irgendwie unfassbar.

Welcher Mensch bei Sinnen kann Friedensbeteuerungen solcher Realitätsleugner irgendeinen Glauben schenken? Oder Verhandlungen mit ihnen - ohne massive Sanktionsdrohungen - für sinnvoll halten?

Verstocktes Beharren darauf, "peaceful nuclear activities" des Iran mit seinen offiziellen Vertretern in ihrem Duktus öffentlich und nicht in diplomatisch-militärischen Fachzirkeln zu erörtern; und das als "Lecture" seiner Exzellenz anzukündigen heißt, sich als Propagandaplattform herzugeben.

Solche Handlangerdienste durchschauen sogar wir Normalbürger mit Hausverstand.

Nehmen wir zum Vorteil der heimischen Partner an, sie seien ohne böse Absicht, nur starrsinnig gedankenlos. Gerade wenn man "das historische Ereignis Holocaust" unter hunderterlei Aspekten für wissenschaftlich "diskutierbar" hält und, im Gegensatz zu vielen Gesinnungsfreunden selbst seine Leugnung durch bösartige Schwachköpfe und selbst Fanatiker und Verbrecher nicht bestraft, sondern vielmehr wirksam geächtet sehen will, gerade dann wird man eine öffentliche Pseudodebatte mit dem Mullah-Regime über seine angeblich friedvolle Atompolitik gegenüber einem zu vernichtenden Judenstaat zumindest für schwachsinnig, ja obszön halten müssen.

Nach Adorno ist "Intelligenz heute eine moralische Kategorie": in diesem Sinne ist solches Tun zutiefst unmoralisch.

Nur nützliche Idioten und Komplizen diskutieren Frieden mit Hitler, die "Rassenfrage" mit dem Apartheid-, und Atompolitik mit dem Mullah-Regime.

Unsere selbst ernannten Friedensengerln wünschen ein "friedliches" neues Jahr. Das sollte wenig Hoffnung und vielmehr Angst machen, wenn es nicht gelingt, den Iran zu Abrüstung und lückenloser atomarer Kontrolle von außen zu zwingen.

Denn islamistisch-faschistische Staaten, die Holocaustleugnung und Opferverhöhnung vom Präsidenten abwärts von Amts wegen betreiben, Terror fördern und anderen UN-Mitgliedern mit Auslöschung drohen, müssen mit allen, wirklich allen Mitteln bekämpft werden, juristischen, politischen, gesellschaftlichen, diplomatischen - und wenn nötig selbstverständlich auch militärischen.

Andernfalls würde die bittere Karikatur Wirklichkeit werden, in der Ahmadi-Nejad flammend ausruft "There is no Holocaust . . ." und auf einer zweiten Seite die Rede fortsetzend hinzufügt ". . . yet".

Ob das mit friedlichen Mitteln allein noch zu verhindern ist, wird sich erst zeigen müssen. (Bernd Marin/DER STANDARD-Printausgabe, 22.1.2007)