München – Kurz vor der Siemens-Hauptversammlung am Donnerstag nimmt der Druck auf die Führung des Technologiekonzerns zu. Die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) will kein Vorstandsmitglied entlasten. "Der gesamte Vorstand hat das Problem viel zu spät aufgegriffen und nicht entschieden genug gehandelt", sagte DSW-Vertreterin Daniela Bergdolt dem Tagesspiegel.

Bereits davor hatte sich DSW-Sprecher Jürgen Kurz in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gegen eine vorzeitige Verlängerung des Vertrags von Siemens-Chef Klaus Kleinfeld ausgesprochen. Der Aufsichtsrat sollte damit warten, bis die staatsanwaltlichen Ermittlungen abgeschlossen seien. Sonst biete der Konzern schon wieder Angriffsfläche und stehe unter Rechtfertigungsdruck.

Die Staatsanwaltschaft hat zuletzt vor einem Monat mitgeteilt, sie treibe Ermittlungen gegen ein Dutzend Personen voran, die bei Siemens 200 Millionen Euro veruntreut oder über Auslandskonten als Schmiergeld eingesetzt haben sollen. Inzwischen ist in Siemens-Kreisen bereits von rund 60 Personen die Rede, gegen die ermittelt werde.

Scharfe Kritik an der Konzernspitze übte zu Wochenbeginn auch der Verein der Siemens-Belegschaftsaktionäre, der etwa 5000 Mitglieder vertritt. "Nur wer einen guten Job macht, soll auch entlastet werden", sagte der Vorsitzende des Vereins, Manfred Meiler, dem Tagesspiegel. Dies gelte jedoch nicht für Kleinfeld, Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer, Finanzchef Joe Kaeser, Vorstandsmitglied Rudi Lamprecht sowie den Siemens-Aufsichtsrat und Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Kleinfeld trage die Verantwortung für die Schmiergeld-Affäre und die Pleite der ehemaligen Siemens-Handysparte. Kaeser und Lamprecht hätten in ihrer Verantwortung für die Handysparte ebenfalls versagt. Von Pierer und Ackermann werfen die Belegschaftsaktionäre vor, die 30-prozentige Gehaltserhöhung des Siemens-Vorstands zur Unzeit durchgedrückt zu haben.

Siemens-Chef Kleinfeld sicherte im Spiegel erneut zu, er werde auf vollständige Aufklärung dringen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.1.2007))