Wien - Der ÖGB beschließt heute, Dienstag, auf seinem Bundeskongress im Austria Center einen Reformantrag und ein neues Statut, die den Gewerkschaftsbund nach der BAWAG-Finanzmalaise schlanker und effizienter machen sollen. Dramatische Änderungen in der Struktur bringen freilich auch dieser Anträge nicht. Die neun Einzelgewerkschaften bleiben ebenso bestehen wie die Zentrale. Allerdings wird den Teilorganisationen das Recht gegeben, sich als Zweigverein zu konstituieren. Zudem werden die Minderheitenrechte gestärkt, Frauen stärker repräsentiert und wird eine Gehaltsobergrenze eingezogen.

Konkret sieht der Reformantrag vor, dass das maximale monatliche Einkommen für höchstens zwei bezahlte Funktionen bei 5.800 Euro liegen soll. Wer Bezüge darüber hinaus hat, muss in einen Fonds zahlen. Die Einkommen der Spitzenfunktionäre werden öffentlich ablesbar sein.

"Ethische Kriterien"

Auch einem Finanzdebakel wie im vorigen Jahr soll vorgebeugt werden. So wird ein eigenes Controllingsystem aufgebaut und bis Mitte des Jahres ein Katalog für "ethische Kriterien für Finanzierungen" ausgearbeitet. Das Vier-Augen-Prinzip wird durch ein Acht-Augen-Prinzip ersetzt.

Gegliedert sein soll die ÖGB-Zentrale in fünf inhaltliche Bereiche: Bildung, Soziales, Wirtschaft, Gesundheit und Internationales. Pilotprojekte sind für die Zielgruppen "Menschen in Sozialberufen", Arbeitslose in AMS-Maßnahmen und atypisch Beschäftigte vorgesehen.

Bekämpft werden sollen die Austritte, die von Präsident Rudolf Hundstorfer für 2006 zuletzt mit etwa 40.000 beziffert wurden. Nun soll eine gewerkschaftsübergreifende Call-Aktion greifen, bei der mittels 2.000 Telefonkontakten mindestens 500 Mitglieder zum Verbleib im ÖGB motiviert werden sollen. Im Sinne der Mitgliederfreundlichkeit ist vorgesehen, dass diese mitbestimmen sollen, für welche Themenbereiche die Gewerkschaft Kampagnen starten soll.

Mindestens eine Frau

Das neue Statut bringt das Ende des bisherigen Präsidiums, an dessen Stelle als neues Spitzengremium ein Vorstand tritt, der aus maximal 21 Personen besteht. Diesem übergeordnet bleibt ein Bundesvorstand. Geleitet wird der Vorstand von einem Präsidenten und bis zu zwei Stellvertretern. Mindestens eine dieser drei Personen muss eine Frau sein. Überhaupt wird festgelegt, dass in allen Gremien Frauen entsprechend ihrem jeweiligen Mitgliederanteil repräsentiert sein müssen.

Gestärkt wird die Rolle der Minderheiten. Am Wesentlichsten ist, dass der Vorsitz in der Kontrollkommission künftig nicht mehr der Mehrheitsfraktion zufallen darf.

Vor allem für die Beamten, aber auch für die Gemeindebediensteten interessant ist die Möglichkeit für die Gewerkschaften, sich als "rechtsfähige Zweigvereine" zu konstituieren. Das entspricht der vor allem von der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD) seit langem geforderten Teilrechtsfähigkeit.

Direktdemokratische Elemente bei der Wahl der Gewerkschaftsvertreter werden vorerst nur auf niedriger Ebene erprobt, nämlich bei den neuen gewerkschaftsübergreifenden Regionalgremien. (APA)