Wien – Die EU-Kommission ist derzeit in der Frage einer verpflichtenden Reduzierung des Pkw-Schadstoffausstoßes uneins. Die Präsentation des Strategiepapiers von Umwelt-Kommissar Stavros Dimas für eine Reduktion der CO2-Emissionen, das unter anderem verpflichtend abgasärmere und spritsparendere Autos in der EU vorsah, wurde wegen Meinungsverschiedenheiten mit Industriekommissar Günter Verheugen verschoben (siehe Artikel Abgas-Streit in der EU-Kommission ).

Bei der österreichischen Umweltorganisation Global 2000 begrüßt man das Papier, das nun wahrscheinlich erst nächste Woche präsentiert wird: "Die Autoindustrie hatte der freiwilligen Selbstverpflichtung zur CO2-Reduktion zugestimmt, hält sich aber nicht daran. Jetzt ist der Gesetzgeber gefordert, hier eine EU-weit gültige Regelung zu schaffen", so Silva Herrmann von Global 2000 im Gespräch mit derStandard.at

"Tanktourismus belastet die Klimabilanz"

Bei Österreichs Autofahrerklubs sieht man ein anderes Problem als vorrangig an: Die Schadstoffbilanz müsse um den so genannten "Tanktourismus" bereinigt werden, forderten ARBÖ und ÖAMTC am Dienstag. Der Anteil des Tanktourismus in Österreich liege nämlich bei über 30 Prozent. "Damit wird fast ein Drittel der dem heimischen Verkehr zugerechneten CO2-Emissionen nicht in Österreich erzeugt", so Mario Rohracher, Chef der ÖAMTC-Interessenvertretung. Der Tanktourismus belaste die österreichische Klimabilanz, weil als Berechnungsbasis für emittiertes CO2 der nationale Verkauf von fossilen Brennstoffen herangezogen werde.

"Unsere Umwelt ist in Wirklichkeit sauberer als auf dem Papier", argumentiert auch ARBÖ-Geschäftsführer Leo Musil. Die Kohlendioxidbelastung werde nämlich auf Grundlage der in einem Staat verkauften Treibstoffmenge hochgerechnet. "Obwohl in Österreich 30 Prozent der verkauften Benzin- und Dieselmengen nicht im Inland verfahren werden, sondern im Ausland, wird die entsprechende CO2-Belastung dem inländischen Verkehr zugeordnet. Ohne diesen Tanktourismus ist die CO2-Belastung durch den Verkehr gleich um acht Millionen Tonnen geringer. Sie macht nicht 24 Millionen Tonnen aus, sondern nur 16 Millionen Tonnen", so Musil.

"Treibstoff ist zu billig"

Für Global 2000 wäre die einfache Herausrechnung des Tanktourismus aus der Bilanz aber der falsche Weg: "Erstens halten wir den Wert von 30 Prozent für völlig überschätzt. Der wichtigste Grund, warum Tanktourismus überhaupt stattfindet, ist aber, dass der Treibstoff in Österreich im Vergleich mit den Nachbarländern zu billig ist", so Herrmann. Hier seien auch keine Änderungen geplant, weshalb das Problem weiter bestehen werde. "Der Verkehr verursacht höhere Kosten, als er einbringt", dieses Missverhältnis könne nur durch eine Steuerreform verbessert werden.

Global 2000 verlangt von der Politik mehr Initiative zur Reduktion des Gesamt-Verkehrsaufkommen, laut Herrmann das "Klimaproblem Nummer 1, in Österreich und der EU". Das Problem des steigenden Verkehrsaufkommens sei "hausgemacht und wesentlich das Resultat einer verfehlten Verkehrspolitik. Es mangelt an einer ökologischen Raumplanung ebenso wie an ambitionierten Konzepten für den Ausbau der Öffis. Zwischen 1970 und 2003 wurden in Österreich 768 Bahnkilometer gestrichen. Dadurch haben Menschen im ländlichen Raum oft keine sinnvolle Alternative zum Auto", so Herrmann.

Vorbild sei die Schweiz: Hier sei das Bahnnetz zwischen 1970 und 2003 um fast 200 Kilometer erweitert worden, jeder Einwohner unseres Nachbarlandes fahre heute doppelt so viel Bahn wie die Österreicher. (map)