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Die Richter auf dem Weg zur Verhandlung eines der grausamsten Serienmordfälle Kanadas

Foto: AP/RICHARD LAM
Verwesende Körperteile in Gefriertruhen und Mülltonnen, Menschenknochen in Schweinekoben, Blutspuren, Zähne, zersägte Kiefer; dazu ein Asthma-Inhalator und ein kleines Notizbuch - das waren einige der Überreste von ermordeten Prostituierten, die von der Polizei auf einer Schweinezucht in der Umgebung von Vancouver entdeckt wurden. Diese grausigen Einzelheiten wurden am ersten Tag des Prozesses gegen den mutmaßlichen Serienmörder Robert "Willy" Pickton bekannt.

Staatsanwalt Derrill Prevett legte vor Gericht dar, dass der 57-jährige Schweinezüchter offenbar den Ehrgeiz hatte, viele Prostituierte umzubringen. Prevett sagte, die Staatsanwaltschaft wolle beweisen, "dass er sie ermordete, die Leichen zerteilte und beseitigte".

Komplizierter Fall

Der vor Prozess dem Geschworenengericht in New Westminster nahe Vancouver gilt als besonders kompliziert. Pickton, der sich für schuldlos erklärt, ist insgesamt des Mordes an 26 Prostituierten aus der kanadischen Hafenstadt Vancouver angeklagt, in einer ersten Phase werden vorerst nur sechs Morde verhandelt.

Zufälliger Fund

Als die Polizei im Februar 2002 die Farm der drei Pickton-Geschwister in der Kleinstadt Port Coquitlam nach illegalen Feuerwaffen durchsuchte, stießen die Beamten kurz darauf in einer Gefriertruhe auf die Schädel, Hände und und Füße zweier ermordeter Frauen, Sereena Abotsway und Andrea Joesbury. Später entdeckte die Polizei in beiden Schädeln Schusswunden.

Schädel zersägt

Die gleichen Körperteile einer anderen vermissten Prostituierten, Mona Wilson, wurden in einer Mülltonne gefunden. Ihr Schädel war mit einer Säge zweigeteilt, ihre Hände und Füße waren in den Schädel gestopft worden.

Staatsanwalt Prevett sagte bei seinem Eröffnungsplädoyer, insgesamt habe man auf der Farm 14 Handknochen sichergestellt. Während der zwei Jahre dauernden Suche fand die Polizei auch Überreste in Schweinetrögen.

Die Körperteile gehörten zu drogenabhängigen Prostituierten, die Pickton, wie der Staatsanwalt beweisen will, auf dem Straßenstrich in Vancouvers heruntergekommenstem Viertel Downtown Eastside mit Versprechen auf Gratisdrogen in seinen Truck und damit in den Tod lockte.

Seit 1978 verschwanden mehr als 60 Prostituierte

Zwischen 1978 und 2001 verschwanden mehr als 60 Prostituierte in Vancouver, von vielen weiß man bis heute nicht, was mit ihnen geschah. Aber erst vor sechs Jahren wurde die Polizei tätig.

Im Gerichtssaal saß der Junggeselle Pickton regungslos hinter einer schusssicheren Scheibe, gelegentlich kritzelte er auf einen Schreibblock. Sein Verteidiger Peter Ritchie erklärte in seiner Eröffnungsrede, Pickton habe die Morde nicht begangen. Der Fund der Leichenteile sei noch kein Beweis für die Täterschaft seines Mandanten, auch andere Menschen hätten Zugang zur Farm gehabt.

Fleischmaschine zur Entsorgung eingesetzt

Doch Staatsanwalt Prevett stellte die Vorführung von Videobändern in Aussicht. Sie sollen zeigen, wie Pickton in der Untersuchungshaft einem Undercoveragenten, der sich als Häftling ausgab, gestand, er habe 49 Prostituierte ermordet und dann noch eine umbringen wollen, "um eine runde 50 zu machen". Doch nach dem 49. Opfer sei er "schlampig" geworden. Zudem habe er erzählt, dass er eine Fleischmaschine seines Schlachtbetriebs zur Entsorgung von Leichen eingesetzt habe.

Der Ankläger will auch eine Zeugin präsentieren, die gesehen haben soll, wie Pickton eine Frau im Schlachthaus tötete. Pickton soll auch anderen Leuten gesagt haben, er habe Frauen umgebracht. (Bernadette Calonego, DER STANDARD Printausgabe, 24.01.2007)