Am Donnerstag wird Sandra Frauenberger als Stadträtin angelobt. Die neuen "Bim-Pickerl" sieht sie als "Impuls, sich mit der Geschlechterfrage auseinanderzusetzen".

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Sandra Frauenberger setzt als Frauen- und Integrationsstadträtin weiter auf die neuen Piktogramme und Gender Mainstreaming. Im Gespräch mit Roman David-Freihsl und Karin Krichmayr erläutert sie, warum Mädchen selbst entscheiden sollen, ob sie ein Kopftuch tragen.

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Standard: Zuletzt erregten die neuen Piktogramme mit neuen Rollenbildern die Öffentlichkeit. Wird es sie weiter geben?
Sandra Frauenberger: Ja, in genau dieser Form. Weil man natürlich auch Rollenbilder über diese Symbole vermittelt. Wenn man mit so einer Intervention eine Diskussion anregt, ist das erfreulich. Ich würde die Frage des Gender Mainstreaming aber nicht gerne alleine auf diesen Symbolen aufhängen. Das ist weit mehr: Dass wir den Umgang mit Rollenbildern als Querschnittsfrage in sämtlichen Politikbereichen aufnehmen und Ungleichbehandlungen heraus nehmen.

Standard: Warum gab es vorher nie eine Empörung bei gendergerechten Planungen?
Frauenberger: Weil Symbole tief in die Emotion gehen. Wenn auf der Toilette auf einmal auch ein Wickeltisch für Männer angezeigt wird und man ist so sozialisiert, dass man keine gleichberechtigte Partnerschaft lebt, fühlt man sich erst wirklich angesprochen. Das setzt einen Impuls, sich mit der Geschlechterfrage wieder einmal neu auseinanderzusetzen. Aber Pickerl alleine ohne einem Programm dahinter, das wäre natürlich zuwenig.

Standard: Beim Einkommen von Männern und Frauen geht die Schere immer noch weit auseinander. Reichen die politischen Rahmenbedingungen nicht aus?
Frauenberger: Um die Schere weiter zusammenzubringen, braucht es viele Ansätze. Zum Einen die Kollektivvertragspolitik: Wie wird die Arbeit von Frauen und Männern, wie werden Ausstiegszeiten bewertet? Welche Wiedereinstiegsregelungen gibt es auf der betrieblichen Ebene? Dazu kommt die Laufbahnplanung an sich. Da kann man im Bereich der Aus- und Weiterbildung viel machen, um den Karriere-Rücksprung durch die Karenz möglichst rasch wieder einzuholen. Und dazu kommen eben die Rollenbilder: Wer ist zuständig für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie? Welche Anreize setzt man mit dem Kinderbetreuungsgeld?

Standard: Ihre Vorgängerin hat sich sehr für das Papamonat eingesetzt. Werden sie das weiter forcieren?
Frauenberger: Auf jeden Fall. Die Erfahrung ist, dass diese Möglichkeit die Bereitschaft, etwa eine dreimonatige Karenzzeit zu nehmen, sicher erhöht.

Standard: Wie weit gelingt es der Stadt, die Potenziale der Migranten zu nützen?
Frauenberger: Es gibt bereits Programme, wo die beruflichen Fähigkeiten analysiert und Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten werden. Diese Idee sollte man weiterentwickeln. Auch die Anerkennung von Qualifikationen ein ganz wesentlicher Punkt im Integrationsprozess ist. Wenn top ausgebildete Menschen erst einmal an niedrig qualifizierte Berufe vermittelt werden, sichert das keine eigenständige Existenz und bringt draüber hinaus auch noch soziale Probleme.

Standard: Gerade bei Ausländern wird oft die Frauenfrage gestellt.
Frauenberger: Ich glaube, dass mit der Aktion "Mama spricht Deutsch", die jetzt auch in Kindergärten angeboten wird, sehr viel gelingen kann. Für ein selbstbestimmtes Leben gilt vor allem, dass ich mich selbst verständigen kann. Dazu kommt, dass wir beispielsweise auch Elternseminare anbieten. Oder Orientierungsgespräche speziell für Frauen. Wichtig ist, dass das niederschwellig angeboten wird, in Kindergärten, in Moscheen, in Einkaufszentren.

Standard: Wie weit sollen sich Ausländer anpassen – bis zu welchem Punkt sollen sie ihre eigene Kultur leben können?
Frauenberger: Wenn wir es schaffen, in einen Dialog einzutreten und auch die jeweiligen Kompetenzen anzuerkennen, ist das eine Bereicherung. Klar ist aber: Rassismus ist abzulehnen – aber auch alles, was in Richtung Regeln-nicht-anerkennen geht.

Standard: Sollen muslimische Frauen im öffentlichen Dienst ein Kopftuch tragen können? Frauenberger: Generell gilt: Wenn ich selbstbestimmt leben will, soll es keine Verbote geben. Damit die Mädchen wirklich selbst entscheiden können, ob sie es tragen oder nicht, müssen wir sie in unserer Gesellschaft halten. Dass sie in die Schule gehen, unsere Sprache, einen Beruf erlernen. Daher wird es sicher kein Kopftuchverbot geben. Denn damit würde man die Mädchen aus der offenen Gesellschaft hinaus und wieder in die Familien mit einem konservativen Frauenbild hinein drängen. (Roman David-Freihsl,Karin Krichmayr, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.1. 2007)