Wien - "Karl-Heinz Grasser als ÖVP-Vizekanzler wäre verheerend gewesen", sagt Alois "Luigi" Schober. Weniger für SP-Kanzler Alfred Gusenbauer, der neben dem Societyprinzen womöglich blass ausgesehen hätte, sondern für die ÖVP. "Grasser hätte das Markenproblem der ÖVP massiv verstärkt, er wäre für die Partei ein Albtraum geworden und hätte die ÖVP zerrissen", ist Werbefachmann Schober, Österreichchef von Young & Rubicam, überzeugt.

Das "Problem Grasser" gehe deutlich aus einer jetzt vorliegenden, breit angelegten Analyse seiner Agentur hervor, die österreichische Marken abtesten ließ. Darunter auch "die Marke Grasser". Schober: "Das Fazit ist: Es mag eigentlich niemand mit Grasser auf ein Bier gehen oder einen Gebrauchtwagen von ihm kaufen, man vertraut ihm nicht. Er ist die Inkarnation des Egoismus." Die veröffentliche Meinung über Ex-Minister Grasser stimme mit der öffentlichen nicht überein. Grasser werde zwar als "Marke" stark wahrgenommen, seine Persönlichkeitswerte brechen aber bei so wesentlichen Kategorien wie "Relevanz und Wertschätzung" dramatisch ein. Für Schober besonders augenscheinlich: Grasser habe bei der wichtigen Gruppe der "Reformer und Innovatoren" "null Leiberl".

Höchste Werte erhielt Grasser zwar in den Kategorien "selbstbewusst", "unnahbar", "überheblich" oder "dynamisch", dort jedoch, wo es menschelt, stößt Grasser auf Ablehnung. Auf Fragen wie "steht mir nahe", "ist echt und unverfälscht" oder "zuverlässig", erhält Grasser von den rund 2000 Befragten vernichtend niedrigere Werte.

Schober: "Insofern hat Andreas Khol instinktiv absolut richtig gehandelt, als er Grasser als Vizekanzler gegen den Willen Wolfgang Schüssels verhindert hat. Grasser hätte mit seiner Persönlichkeit die ÖVP schwer beschädigt, weil sie ein ausschließlich neoliberales Gesicht bekommen hätte." Dies gelte auch für eine nach wie vor diskutierte Wiederkehr Grassers in die Politik.

Luigi Schober war federführend im Nationalratswahlkampf für die harte Werbelinie ("Sozialfighter statt Eurofighter") der SPÖ - samt aller Versprechungen - verantwortlich. Und damit indirekt auch für die momentan miese Umfragesituation, nachdem Gusenbauer seine zentralen Wahlversprechen nicht eingelöst hatte.

"Abwarten", sagt Schober. Er sehe langfristig "kein Problem", Gusenbauer werde sich aus dem Tief "sicher erholen". Der Imageabsturz sei temporär. Gusenbauer sei ein "Langzeitstratege". Die "clevere Entscheidung, seinen besten Mann" - nämlich Norbert Darabos - zum Verteidigungsminister zu machen, garantiere, dass bei den Eurofightern eine Lösung gefunden und vieles am schlechten Bild korrigiert werde, hofft Schober. EADS werde sich bewegen müssen, da der Konzern es sich nicht leisten könne, ein ganzes Land zu verprellen.

Auch die verheerende Optik bei den Studiengebühren sei korrigierbar. Die ÖVP werde hier mitspielen, weil sie den Regierungserfolg nicht aufs Spiel setzen könne. Schober: "Beide, SPÖ und ÖVP, wissen, wenn sie nichts zusammenbringen, werden nur die Rechten stärker." (Walter Müller/DER STANDARD, Printausgabe, 26.1.2007)