Berlin - Die Aufsehen erregenden Jugendfotos von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bei vermeintlichen Wehrsportübungen oder Paintball-Spielen sind für Vizekanzler Wilhelm Molterer nicht so ohne: "Was auf den Fotos zu sehen ist, ist nicht so einfach als Jugendsünde zu subsumieren", sagte der designierte ÖVP-Chef Donnerstag Abend am Rande seines offiziellen Besuchs in Berlin.

Zum gestern zu Ende gegangenen ÖGB-Kongress mit der Nicht-Wahl von Beamten-Chef Fritz Neugebauer und der ÖGB-Frauenvorsitzenden Renate Csörgits äußerte sich Molterer besorgt: "Das war kein Zeichen von großer politischer Weisheit. Wir wollen sowohl als Regierung als auch als ÖVP einen starken ÖGB, damit die Sozialpartnerschaft keine Papierformel ist." Bei manchen ÖGB-Delegierten habe man den Eindruck, als habe es die letzten zwölf Monate gar nicht gegeben.

Erfreulich ist für Molterer die Entwicklung der ÖVP: "Eine solche Staffettenübergabe hat es in der Geschichte der ÖVP seit 1945 noch nie gegeben", sagte der designierte Parteichef: "Ich kann mich da noch an ganz andere Zeiten erinnern."

Dass die ÖVP nach dem Verlust von acht Prozentpunkte in eine schwere Situation geraten sei, sei zwar kein Wunder. "Aber wir haben uns Respekt verschafft", meinte Molterer", "gerade wie wir die Staffettenübergabe geschafft haben." Ferner habe sich seine Partei mit dem Ergebnis der Koalitionsverhandlungen Respekt verschafft.

Gerade die Zeit nach dem Wahlgang vom 1. Oktober habe die Stärke der ÖVP sichtbar gemacht, indem man gezeigt habe, wie sie die schwierige Situation bewältigt habe. "In keiner Phase gab es nach der Wahl irgendwelche Flügelkämpfe oder -diskussionen. Wir sind kerzengerade unseren Weg gegangen."

Als Tarockspieler beherzige er die Grundregel: "Das Schlimmste beim Tarock ist: Nach-tarockieren. Man muss immer nach vorne schauen." Das mache die ÖVP personell mit einer Mischung aus Erfahrung und Erneuerung, inhaltlich mit einem verschärften Profil und organisatorisch mit neuen Wahlkampfstrategien. Denn Wahlkämpfe müssten sich künftig anderen Anforderungen als bisher stellen: "Dass der Parteiapparat wie gewohnt wahlkämpft, wird nicht mehr ausreichen. Wir müssen mehr mit Internet und Freiwilligen arbeiten."

Die deutschen Gesprächspartner und Parteifreunde seien aus Eigennutz an zwei ÖVP-Erscheinungen sehr interessiert, schilderte Molterer: Einmal am Thema der Nichtwähler, die Molterer nicht verloren, sondern nur "geparkt" sieht, und einmal an der Tatsache, "dass wir uns zu sicher waren".

Ob der Eurofighter in Berlin Thema sei? "Nein, warum auch? Pacta sunt servanda." (APA)