Wien - Um die heimischen Kyoto-Klimaschutzziele erreichen zu können, verlangt Umweltminister Josef Pröll (V) "mehr Maßnahmen im Inland". Diese sollen auch zum Schwerpunkt in der neuen Klimastrategie werden, sagte Pröll im Interview. "Grüne Investitionen" im Ausland, mit denen die Bilanz ebenfalls verbessert werden kann, sollen auf jeden Fall den kleineren Anteil ausmachen, kündigte er an.

Verkehr

Das Hauptproblem sieht der Umweltminister im Verkehr, wo nicht zuletzt die Tanktouristen das Gesamtbild trüben. Durch die von der EU vorgegeben Berechnungsmethoden werden rund acht Millionen Tonnen CO2-Äquivalente in die heimische Bilanz eingerechnet, obwohl sie eigentlich im Ausland ausgestoßen werden. Aber auch ohne Tanktouristen sei die Bewegung in diesem Sektor "nicht erfreulich", räumt Pröll, der die Regelung in Brüssel bekämpfen will, ein.

Priorität hat für Pröll im Verkehrsbereich die Schiene: Bei der Bahn gehe es sowohl um die Infrastruktur als auch um die Qualität, um die Leute zum Umsteigen zu bewegen. "Die Menschen werden auch angezogen von der Qualität des Reisens. Es geht nicht nur um die Frage: 'Kann ich dort mit dem Zug anreisen', sondern auch 'wie'."

Alternative Antriebsformen

Neben einer Forcierung der Bahn und des Radverkehrs auf kurzen Strecken wälzt der Umweltminister konkrete Pläne zu alternativen Antriebsformen: Bis 2010 soll deren Quote bei den verkauften Fahrzeugen bei fünf Prozent liegen. Um dies zu erreichen, will er Methangas auf Tankstellen "massiv forcieren" und ein flächendeckendes Netz errichten, worüber es Gespräche mit der OMV geben werde. Verbreitet werden sollen die alternativen Antriebe nicht zuletzt im städtischen Bereich: "Da müssen wir über Taxiflotten reden und über alles, was im Busverkehr da ist."

Die bisherigen Signale von Seiten des neuen Verkehrsministers in punkto Umweltschutz sind für Pröll offenbar die richtigen: "Ich bin froh, dass Werner Faymann (S, Anm.) schon mehrmals hat durchblicken lassen, das Tempo 160 für ihn kein Thema ist." Auch bei dessen Ankündigungen zu Tempo 100 sieht sich Pröll mit seinem Regierungskollegen auf einer Linie: "Zu drosseln, wenn sich bei einem flexiblen System durch Messung ein Feinstaubproblem zeigt, halte ich für einen vernünftigen Zugang."

Raumwärme

Ein weiterer Schlüssel zur Verbesserung der heimischen CO2-Bilanz liegt für den Umweltminister in der Raumwärme: "Wir müssen die Sanierungsquote deutlich erhöhen." Bei der entsprechenden Renovierung der Altbauten komme vor allem auf die Kommunen und Städte eine große Herausforderung zu, sagte Pröll: "Es wird hier vor allem an Wien liegen, wie man mit diesen Bauten umgeht. Das ist im wesentlichen eine Frage des großvolumigen Wohnbaus." Auch bei Neubauten wolle er gemeinsam mit den Bundesländern "die Schlagzahl" erhöhen", um ökologische Standards in punkto Energieverbrauch zu fördern.

Keine Festlegung auf Zahlen

Welche Maßnahmen im Inland konkret gesetzt werden kann, um das Kyoto-Protokoll erfüllen zu können, soll in der neuen Klimastrategie festgelegt werden, die in den kommenden Monaten ausgearbeitet wird. Entsprechend will sich Pröll noch nicht auf konkrete Zahlen festlegen und bleibt vage: "Klar ist für mich, dass die grünen Investitionen im Ausland nie die Anstrengungen im Inland übertreffen sollen. Der Schwerpunkt muss auch in Zukunft im Inland liegen."

Der jüngst präsentierten Klimabilanz des Jahres 2005, die einen Rekordausstoß von 93,2 Millionen Tonnen brachten, kann auch der optimistischste Umweltminister keine positive Seite mehr abgewinnen: "Es ist klar, dass die Zahlen großen Anlass zur Sorge geben", meinte Pröll. "Die Daten sind schlecht und auch ich bin nicht zufrieden damit." Schon in naher Zukunft sieht er aber eine Wende zum Besseren: "Viele Maßnahmen, die wir gesetzt haben, werden erst für 2006 wirklich massiv greifen."

Chefsache

Die Umweltorganisation Greenpeace fordert von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) die Einberufung eines Klimagipfels. "Klimaschutz muss endlich zur Chefsache werden", appellierte die Organisation in einer Aussendung an den Kanzler. Die FPÖ wiederum lobte Umweltminister Josef Pröll (V), da dieser beim Klimaschutz auf Maßnahmen im Inland setzen will.

Der von Greenpeace eingeforderte Klimagipfel soll im Vorfeld des EU-Gipfels am 8. und 9. März über die Bühne gehen. Dort werde über die Klimaschutz-Ziele nach 2012 und über die Ziele für Erneuerbare Energien und Energie-Effzienz entschieden. Gusenbauer müsse hier mit einem Plan zur Erfüllung der Österreichischen Kyoto-Verpflichtungen und dem Bekenntnis zu ambitionierten und verbindlichen Klimaschutz-Zielen nach Brüssel fahren. Dafür benötige man vorher einen bestmöglich besetzten Klimagipfel in Österreich, so Klima-Experte Erwin Mayer.

Energiewende

Die Grünen pochen weiterhin auf ihre im Vorjahr ausgearbeitete Strategie zur Energiewende. In einer Pressekonferenz am Freitag präzisierten die stellvertretende Bundessprecherin Eva Glawischnig und Umweltsprecherin Ruperta Lichtenecker ihre Vorstellungen: So sollen Konsumenten, die Energie sparende Geräte kaufen, künftig belohnt werden, auch brauche es mehr Geld für die Information der Bürger, wie man eigentlich Strom sparen kann. Das Ökostromgesetz müsse zudem gänzlich reformiert werden.

Der Stromverbrauch soll in Haushalten und Büros binnen zweier Legislaturperioden um mindestens 20 Prozent gesenkt werden, forderte Glawischnig. Dafür brauche es eine Aufstockung des "klima:aktiv"-Programmes von derzeit drei auf 15 Millionen Euro, um die Beratung auszubauen. Für die Haushalte bringe die angepeilte Senkung ihres Verbrauchs 115 Euro Ersparnis pro Jahr, rechnete Glawischnig vor.

Damit sollen auch die Mehrkosten der von den Grünen vorgeschlagenen Reformierung des Ökostromgesetzes aufgewogen werden: Die Förderung für alternative Stromerzeuger solle hier von 17 auf 50 Millionen Euro ansteigen, pro Haushalt also eine jährliche Zusatzbelastung von 15 Euro ausmachen. "Das wäre immer noch ein Gewinn von 100 Euro", meint Glawischnig.

Für mehr Energieeffizienz in der Wirtschaft forderte Lichtenecker eine Koppelung der Wirtschaftsförderungsinstrumente mit dem Klimaschutz. Darüber sollen gewisse Anforderungen festgelegt und sehr vorbildlichen Unternehmen sogar ein Bonus zugestanden werden, meinte sie. (APA)