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Foto: APA/Jaeger
Wien - "Nach dem ersten Schock dachten wir: Gut, macht er halt einen Entzug, und nach zwei Wochen ist alles wieder o. k." Mit einem gequälten Seufzer erinnert sich der Vater von Florian an den Zeitpunkt, als er erfuhr, dass sein damals erst 15 Jahre alter Sohn ein Drogenproblem hat. Aus den zwei Wochen sind vier Jahre geworden, und o.k. ist noch längst nicht alles. Aber die Eltern haben gelernt, mit der Sucht ihres Sohnes nach Kokain und Heroin umzugehen. Ohne die spezielle Angehörigen-Beratung des Suchthilfevereines "Basis" in Wien-Landstraße hätten sie das wohl nie geschafft.

"Auf Angehörige von Suchtkranken hat man lange vergessen, ihnen sogar oft die Schuld zugeschoben", sagt Basis- Obmann und Psychotherapeut Andreas Maurer. In Wahrheit komme es häufig zu einer "Ko-Abhängigkeit". Aus Sorge und Scham entstünden Depressionen, die zu Medikamentenabhängigkeit führen könnten. Maurer: "Beim Versuch, suchtkranken Kindern oder Partnern zu helfen, geben viele ihr eigenes Leben auf." Insgesamt betreut Basis derzeit 110 Klienten.

Florians Eltern tauschen sich alle zwei Wochen mit anderen Betroffenen aus. Zur kleinen Runde gehören auch Mutter und Vater von Nadine aus dem Burgenland. Ihre Tochter kam ebenfalls sehr früh mit illegalen Substanzen in Kontakt. "Zuerst Cannabis, mit 17 war sie heroinabhängig", erzählt die Mutter. Wie Florian verkaufte auch Nadine Suchtgift weiter, um den eigenen Bedarf zu decken. Beide landeten dafür im Gefängnis.

Schuldzuweisungen

"Erst nach einem Jahr waren wir so weit, dass wir Bekannten gegenüber kein Geheimnis mehr daraus gemacht haben", so Nadines Vater. Viele Ratschläge habe es daraufhin gegeben, "mit gut verpackten Schuldzuweisungen." Dabei handle es sich um eine Erkrankung, "aber das wollen viele Leute nicht wahrhaben", bedauert Nadines Mutter.

Geleitet wird die Runde von Lebensberaterin Angelika Schleser. Wichtig sei die Einsicht, dass jeder Mensch für sich verantwortlich ist. "Angehörige müssen auch los lassen können, müssen Grenzen setzen", erklärt sie. Was nicht heißt, dass die Eltern nicht stolz auf jeden Fortschritt ihrer Kinder sind. Beide sind im Substitutionsprogramm, Florian zieht demnächst in eine eigene Wohnung, Nadine will bald heiraten. (Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe, 27./28.01.2007)