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Die Franzosen hätten nichts gegen eine Unabhängigkeit Korsikas, meinte Segolene Royal gegenüber dem vermeintlichen franko-kanadischen Politiker in dem im Radio ausgestrahlten Gespräch.

Foto: Reuters/Vincent Kessler
Die Pannenserie von Ségolène Royal geht weiter. Am Wochenende saß die sozialistische französische Präsidentschaftskandidatin einem Komiker auf, der sich ihr am Telefon gegenüber als Québecs Premier ausgab. Als er die Situation „seiner“ kanadischen Provinz mit dem Wunsch der Korsen nach Unabhängigkeit verglich, erwiderte Royal lachend: „Nicht einmal alle Franzosen wären dagegen.“ Und fügte an: „Wiederholen Sie das nicht, sonst setzt es wieder einen Zwischenfall.“

Zu spät: Der Zwischenfall machte natürlich sofort Schlagzeilen. Die Presse spricht von einer neuen „gaffe“, einem Fehltritt. Sarkozy hieb sofort in die Kerbe und gab sich „konsterniert“, dass Royal mit der korsischen Unabhängigkeit Schindluder treibe. Royal machte alles nur noch schlimmer, als sie nach dem getürkten Telefonanruf zu einem Wahlmeeting hastete und sich dort mit dem vermeintlich hochrangigen Telefongespräch für ihre Verspätung entschuldigte.

Für ihr Image sind diese kleinen Affären verheerend. Ein Chronist von Le Monde verglich Royal mit der Comic-Figur „Bécassine“, was etwa so despektierlich ist wie die deutsche Entsprechung: Sumpfhuhn. In Leserbriefen wird die gemäßigt linke Zeitung nun der „schlecht verdrängten Frauenfeindlichkeit“ bezichtigt. Der Vorwurf der mangelnden Auslandserfahrung Royals ist zwar nicht ganz von der Hand zu weisen.

Vor einem halben Jahrhundert hatte Charles de Gaulle aber auch schon „Vive le Québec libre“ gerufen und damit einen diplomatischen Zwischenfall provoziert – in Paris erntete er heftigen Applaus. Dass die Medien nicht mit demselben Maßstab messen, zeigt sich auch darin, dass Sarkozys eigene „gaffes“ kaum thematisiert werden. Dabei hatte er letzte Woche zwei Staatschefs verwechselt, indem er Giscard d’Estaings berühmte Aussage, die Linke beanspruche ein „Monopol des Herzens“, fälschlicherweise François Mitterrand in den Mund legte.

Zunehmend unsicher

Royal antwortet auf die Anwürfe der Medien mit ihrem unverwüstlichen Lächeln. Doch sie wird zunehmend unsicher und begeht neue Fehler. Gefragt, wie viel Atom-U-Boote Frankreich habe, antworte sie: „Wir haben eins. Nein, zwei. Sieben, jawohl, sieben.“ Die richtige Antwort lautete offenbar fünf. Ihrer Aura einer mutigen und entschlossenen Politikerin ist das sehr abträglich. Viele Franzosen stellen sich neuerdings aber die Frage: Wird „Ségolène“ in der virilen Politik Frankreichs als Frau unfairer angefasst als ein Mann – oder ist sie einfach eine Nummer zu klein für das höchste Amt im Staate?

Die Antwort liegt wohl wie meist irgendwo dazwischen. Die schillernde Sozialistin erntet in ihren Wahlmeetings immer wieder viel Applaus mit ihrer Bemerkung, dass eine Frau immer noch doppelt so viel leisten müsse, um beruflich die gleiche Stellung wie ein Mann zu erreichen. Als Beispiel kann sie ab sofort sich selbst anführen. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 30.1.2007)