"Schweigen ist nicht länger eine Option", begründet Jane Fonda, warum sie gut drei Jahrzehnte nach Vietnam wieder gegen einen Krieg demonstriert, gegen den im Grunde verlorenen Militäreinsatz im Irak. Nicht länger schweigen, sondern energisch Druck machen, das war das Leitmotiv derer, die am Samstag zum Kapitol zogen. Sicher, eine Demonstration allein ist noch keine Zäsur, aber den Klimawandel in Washington verdeutlicht sie schon. Eine echte Zäsur, die hat es vor drei Monaten gegeben. Und das ist es, worauf die Kriegsgegner ihre Hoffnungen bauen. Seit November ist der Kongress nicht mehr das willige Anhängsel George W. Bushs. Dort haben neuerdings die Demokraten Hillary Clintons und Barack Obamas das Sagen, eine Konstellation, die es seit der Invasion so noch nie gab.

Ob die neue Schlachtordnung das Irak-Abenteuer tatsächlich abzukürzen vermag, bleibt indes offen. Die Demonstranten fordern es, ja, sie erwarten es. Schließlich haben sie unisono für die Demokraten gestimmt, und dass es dabei nicht um Mehrwertsteuer oder Benzinpreise ging, war von Anfang an klar. Das Thema, das Amerika im Augenblick beschäftigt, ist der Irak.

Nur: Bush muss nicht auf den Kongress hören, wenn der versucht, zum Rückzug zu blasen. Dank der Verfassung genießt der Präsident eine enorme Machtfülle. Der politische Druck wird zwar schwer auf ihm lasten, doch nach seinem üblichen Verhaltensmuster zu urteilen, wird er stur auf Kurs bleiben.

Gewiss, es gibt einen Hebel, den das Parlament wirksam umlegen kann. Es kann dem Weißen Haus die Steuergelder verweigern, die es braucht, um zusätzliche Soldaten gen Bagdad zu schicken. Allerdings ist fraglich, ob die im Aufwind segelnden Demokraten an diesen Hebeln ziehen. Es könnte nämlich leicht der Eindruck entstehen, als wollten sie der Army im Feld in den Rücken fallen. Und bei aller Kritik am politischen Kurs, Kritik an den "Boys" lassen die meisten Amerikaner noch immer nicht zu. Es wird noch dauern, ehe der Rückzugsbefehl kommt. (DER STANDARD, Print, 29.01.2007)