Wohin verschwand das Meer, das den Mars früher einmal bedeckte?

Illustration: NASA/Greg Shirah
Washington D.C. - Auf eines können sich so gut wie alle Planetenforscher einigen: Früher einmal, vor rund drei bis vier Milliarden Jahren, sah es am roten Planeten ganz anders aus. Aus der Form der Oberfläche und Fließspuren schließen Wissenschafter auf die Existenz riesiger Ozeane mit Wassertiefen von 600 Metern bis zu einem Kilometer.

Wohin das Wasser und die Luft am Mars verschwunden sind, darüber wird in Expertenkreisen heftig diskutiert. Bisher war man davon ausgegangen, dass der Sonnenwind in den vergangenen drei Milliarden Jahren das Kohlendioxid und den Wasserdampf des Mars ins All geblasen habe. Doch eine Studie in der aktuellen Nummer des Wissenschaftsjournals "Science" (Bd. 315, S. 501) entlastet den Hauptverdächtigen.

Zwei Jahre lang haben Stas Barabash und seine Kollegen vom schwedischen Institut für Weltraumphysik in Kiruna beobachtet, wie viel Kohlendioxid und Wasserdampf aus der Atmosphäre des Planeten durch den Sonnenwind in den Weltraum entweicht. Laut den Berechnungen der schwedischen Forscher, die sich dabei auf die Daten des europäischen Marssatelliten Mars Express stützten, betrugen die durch Sonnenwinde verursachten Verlustraten lediglich 20 Gramm pro Sekunde.

Rechnet man diese Daten auf die vergangenen drei Milliarden Jahre hoch, so kann dem roten Planeten auf diesem Wege gerade einmal ein Tausendstel der Atmosphäre und ein Zehntausendstel des Wassers - also bis zu 70 Zentimeter Wasserhöhe - abhanden gekommen sein.

Das große Rätsel

"Das Schicksal der Kohlendioxid-Atmosphäre der Mars-Frühzeit ist eines der großen Rätsel der Erforschung des roten Planeten", meinen deshalb die schwedischen Forscher.

Wohin aber sind das Wasser und die Luft verschwunden? Eine Erklärung könnte sein, dass sie sich in Form von Eis unter die Marsoberfläche zurückgezogen haben. Diesen Schluss legen Bilder nahe, die im Vorjahr ebenfalls in "Science" (Bd. 314, S. 1573) veröffentlicht wurden und Spuren von möglichen frischen Rinnsalen dokumentieren. Es gibt aber auch eine andere Alternative: Ein großer Asteroid oder Komet könnte mit einem (Ein-)Schlag den dereinst ebenfalls blauen Planeten zu einem roten gemacht haben. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30. 1. 2007)