Wien - Um technischen Fortschritt ging es hier auch, und dem Fortschritt sei Dank! - der Wortbetreuer des Abends kommt plötzlich und effektvoll vom Bühnenhimmel. Und dorthin wird er, es sei verraten, am Ende wieder hinschweben - in der Gondel zusammen mit dem Akkordeonisten (Siggi Haider).

Dazwischen hat er als Hauptfigur viel vorgelesen, vom Tod und von Leben erzählt, ist hitzig herumgelaufen auf einem seine Rückseite zeigenden Bühnenbild der laufenden Theater-an-der-Wien-Produktion (Idomeneo), ist Leitern gefährlich hoch hinauf-gekraxelt, ist nervös gekrabbelt zwischen den Orchestermusikern und hat auch recht verspielt eine Pianistin in Aktion versetzt, eine Art instrumentale Olympia, die ein am Rücken angebrachter, zu drückender Knopf Leben einhaucht. Tobias Moretti hat also alles versucht, was man so versuchen kann, so man Texte und Musik auf die Bühne wuchten muss - im Sinne einer verbindenden szenischen Sinnhaftigkeit.

Besser einsam

Da konnte sich Moretti, der ein tolles Händchen für Operninszenierungen hat, allerdings bemühen, wie er wollte; da mochte seine Sprache klar gewesen sein und sein Vortrag intensiv - es blieb das komisches Gefühl, Zeuge einer Zusammenführung von Kunstdingen geworden zu sein, die einsam auch ganz gut leben können. Es muss das Projekt in jener Industriehalle, für das es bei der RuhrTriennale einst erdacht wurde, mehr Flair gehabt haben. Vielleicht gar etwas Zwingendes.

Hier, hereinverpflanzt in die holzigen Idomeneo-Kulissen, hat die szenische Lesung Der Seelen wunderliches Bergwerk etwas Rührendes, Aufgesetztes. Hätte das Kammerorchester Moderntimes zwischen den Hebel-, Trakl- und Heine-Texten einen etwas lebendiger musikalischen Zugriff auf Mozart, Haydn und Schostakowitsch geschafft, es hätte sicherlich etwas geholfen. Aber zur punktuellen Klangschönheit gesellte sich eine etwas maschinell wirkende Interpreationsstilistik. Zum Thema passend, aber... (Ljubisa Tosic, DER STANDARD print, 1.2.2007)