Um 1835 wurden diese Kaffeeschalen in der Wiener Porzellanmanufaktur ausgeführt

Foto: Albertina
Zumindest für Kunsthistoriker war das von Trendforschern Anfang des 21. Jahrhunderts als Gesellschaftsphänomen diagnostizierte Cocooning ein wahrhaft alter Hut, konkret ein fast 200 Jahre alter.

Denn wie keine andere Epoche stand die politisch zwischen dem Wiener Kongress (1815) und dem Beginn der bürgerlichen Revolution (1848) liegende Zeitspanne synonym für die Sehnsucht nach Idyll und Flucht ins Private.

Das schlichte Leben

Die Schlichtheit als Lebensgefühl spiegelte sich auch in den Kunstwerken der Zeit. Das barocke Repräsentationsbedürfnis wurde vom Hang zur Gemütlichkeit abgelöst, der Schnörkel von bescheidener Geometrie. Und diese Abkehr dokumentiert die diese Woche in der Albertina anlaufende, in wissenschaftlicher Kooperation mit dem Milwaukee Art Museum, dem Deutschen Historischen Museum Berlin und dem Louvre erarbeitete Schau wie keine andere zuvor: "Biedermeier - Die Erfindung der Einfachheit" wird markttechnisch eine Renaissance in der Nachfrage einleiten.

1987 fand hierzulande mit der Ausstellung Bürgersinn und Aufbegehren im Wiener Künstlerhaus am Karlsplatz die bislang letzte umfangreiche Präsentation statt. Europa quittierte diese museale Aufarbeitung nur mittelfristig mit verstärkter Aufmerksamkeit.

US-Interesse Anders der amerikanische Kontinent, dessen Interesse an den Kunstwerken und vor allem den Möbeln dieser Zeit bis heute anhält. Zuletzt war die Bandbreite des artifiziellen Biedermeier-Outputs sehr selektiv nachgefragt.

Selbst bei hochwertigem Kunsthandwerk und Möbeln reagierte der Markt zögerlich, galten die Biedermeier-Posten doch nicht gerade als die Bestseller am Kunstmarkt. Anders verlief es in der Sektion bildender Kunst, auch weil hier deutlich mehr institutionelle Präsentationen stattfanden, etwa die groß angelegte Schau im Kunstforum Mitte der 90er- Jahre. Zwar haben die Stars der Klassischen Moderne den Kollegen aus dem 19. Jahrhundert in Sachen Preisniveau längst den Rang abgelaufen, aber der eine oder andere Protagonist ist dann doch für eine Überraschung gut.

Zuletzt führte mit Ferdinand Georg Waldmüller 2005 ein Biedermeier-Künstler mit den im Dorotheum erzielten 1,32 Millionen Euro für Die unterbrochene Wallfahrt die Liste der zehn höchsten Auktionsergebnisse in Österreich an. Auf dem Sektor angewandter Kunst ist das Preisniveau deutlich moderater geblieben.

"Eine Biedermeier-Kommode ist schon ab 5000 Euro zu haben", erklärt Petra Popp-Wiesinger (Kunsthaus Wiesinger, Wels). "Dagegen ist für eine Empire-Version zumindest das Doppelte zu veranschlagen."

Schnäppchen

Selbst Singuläres, etwa ein Sekretär (25.000 Euro) oder ein einzelner Sessel (4000 Euro), fällt im Vergleich zu französischen Barock-Pendants in die Kategorie Schnäppchen.

Etwas anders verhält es sich auf dem Sammelgebiet Glas: Anonyme Meister und auch bemalte Versionen waren im Gegensatz zu den besonders qualitätsvollen Sammlungsgläsern zuletzt nicht allzu stark nachgefragt.

Das beste Biedermeier-Stück im Angebot der Galerie Kovacek Spiegelgasse? "Ein Becher von Dominik Biemann, mit einer Porträtgravur Erzherzogin Sophies", benennt Michael Kovacek das Highlight. Die in Glas verewigte Mutter Franz Josephs ist allerdings nicht unter 75.000 Euro zu haben.

Die preisliche Bandbreite für in der Werkstatt Anton Kothgassers und Gottlob Mohns ausgeführte Gläser reicht von 10.000 bis 50.000 Euro. Trinkgläser oder schlichtes Farbenglas stehen bei Kovacek derzeit schon ab 200 Euro im Angebot. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD Printausgabe, 1.2.2007)